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Die Anleihemärkte sind ein stiller, aber mächtiger Gegner

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Interview mit dem Finanzexperten Thomas Bremer über die US-Zollpolitik, ihre Wirkung auf die Anleihenmärkte – und warum Präsident Trump nervös wurde.

Herr Bremer, die Aktienmärkte scheinen sich nach der jüngsten Zollwelle aus den USA wieder zu stabilisieren. Doch plötzlich steht der US-Staatsanleihenmarkt im Fokus. Warum eigentlich?

Thomas Bremer: Weil er ein Frühwarnsystem ist. Wenn Investoren plötzlich beginnen, US-Staatsanleihen in großem Stil zu verkaufen, ist das ein deutliches Signal für wachsende Unsicherheit. Normalerweise gelten US-Anleihen als Fels in der Brandung – sicher, verlässlich, weltweit gefragt. Dass sie jetzt derart unter Druck geraten, zeigt: Die Finanzmärkte trauen der wirtschaftlichen Entwicklung unter Trumps aktueller Zollpolitik nicht mehr.

Was ist konkret passiert?

Nach der Ankündigung der sogenannten „Liberation Day“-Zölle am 2. April sah man zunächst, wie üblich, eine Flucht in sichere Anlagen – darunter US-Treasuries. Doch als die Zölle dann am 5. April tatsächlich in Kraft traten und Trump seine harte Haltung nochmals bekräftigte, kehrte sich das Bild komplett. Anleger begannen, massiv US-Anleihen zu verkaufen. Die Rendite zehnjähriger Staatsanleihen stieg von 3,9 % auf 4,5 %, bei 30-jährigen lag sie kurzzeitig fast bei 5 %.

Klingt technisch – aber was bedeutet das für Verbraucher?

Eine ganze Menge. Wenn die Zinsen für US-Staatsanleihen steigen, dann steigen auch alle anderen Zinsen – für Unternehmensfinanzierungen, Hypotheken, Autokredite. Vor allem kleine Firmen leiden darunter, weil Kredite teurer oder schwerer zu bekommen sind. Das dämpft Investitionen, lähmt Innovation – und kann am Ende Jobs kosten. Auch die Immobilienmärkte könnten betroffen sein, gerade wenn Hausbesitzer ihre Immobilien als Sicherheiten für Geschäftskredite nutzen.

Und politisch? Hat das Donald Trump beeindruckt?

Absolut. Trump hat den Absturz an den Aktienmärkten zunächst weggelächelt und das Land zum „Durchhalten“ aufgerufen. Doch als dann die Anleihenmärkte zu wackeln begannen, wurde es ernst. Der Präsident kündigte überraschend eine 90-tägige Aussetzung der neuen Zölle für alle Länder außer China an. Die pauschale 10 %-Abgabe bleibt zwar bestehen, aber die Pause zeigt: Der Druck der Finanzmärkte wirkt – vielleicht mehr als jede diplomatische Note.

Manche vergleichen die Situation mit dem britischen Mini-Budget-Debakel unter Liz Truss. Sehen Sie Parallelen?

Ja – und nein. In Großbritannien hatten wir 2022 eine handfeste Haushaltskrise mit einem direkten Eingriff der Bank of England, um Pensionsfonds zu retten. So weit ist es in den USA (noch) nicht. Aber die Parallele liegt in der Reaktion der Märkte: Auch hier steigen plötzlich die Risikoprämien auf Staatsanleihen. Das Vertrauen in die Fiskalpolitik beginnt zu bröckeln – und das in der größten Volkswirtschaft der Welt.

Einige spekulierten, China habe als Reaktion auf die Zölle US-Anleihen verkauft. Ist da was dran?

Eher nicht. Zwar ist China nach Japan der zweitgrößte Halter von US-Staatsanleihen – und ja, ein Verkauf könnte theoretisch als Druckmittel dienen. Aber ein solcher Schritt würde China selbst enorm schaden. Er würde den Wert ihrer restlichen Bestände drücken, den Yuan destabilisieren und Investoren verschrecken. Das ist eher ein Drohpotenzial auf dem Papier.

Was ist Ihr Fazit?

Die Turbulenzen an den Anleihemärkten sind ein stiller, aber mächtiger Warnschuss – nicht nur für die USA, sondern für alle, die sich auf solide US-Finanzpolitik verlassen. Wenn sogar US-Treasuries ins Wanken geraten, kann das weitreichende Folgen für die Weltwirtschaft haben. Und es zeigt, dass politische Entscheidungen, auch wenn sie populär erscheinen, an den Finanzmärkten knallhart geprüft werden. Mitunter schneller, als ein Präsident reagieren kann.

Herr Bremer, vielen Dank für das Gespräch.

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