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Der Duft der Weihnacht in Gefahr: Warum der Welt der Weihrauch ausgeht

danielam (CC0), Pixabay
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Er gehört seit Jahrtausenden zu religiösen Ritualen, zur Medizin und heute auch zur boomenden Wellness-Industrie: Weihrauch. Doch das kostbare Harz, dessen warmer Duft besonders zur Weihnachtszeit allgegenwärtig ist, wird zunehmend knapp. Der Grund liegt nicht in sinkender Nachfrage – im Gegenteil –, sondern in der dramatischen Bedrohung seiner natürlichen Quelle.

Im Norden Somalias, in der abtrünnigen Region Somaliland, lebt Salaban Salad Muse vom Weihrauch. In der kleinen Ortschaft Dayaha im Sanaag-Gebiet ist er einer von vielen erfahrenen Erntearbeitern, deren Existenz vollständig vom Harz der Boswellia-Bäume abhängt. Seit Generationen gehört das Land seiner Familie. Jedes Jahr verbringt er drei bis sechs Monate in einer Höhle nahe der Weihrauchhaine, pflegt junge Setzlinge, kontrolliert die Rinde auf Schädlinge und sammelt das aus den Bäumen austretende, getrocknete Harz – oft „Tränen“ genannt.

Übernutzung bedroht die Boswellia-Bäume

Doch diese Haine sterben zunehmend ab. Der weltweite Hunger nach Weihrauch wächst – angetrieben durch die milliardenschwere Wellness-Industrie, Aromatherapie, Naturmedizin und spirituelle Anwendungen. Weihrauch ist heute fester Bestandteil eines globalen Marktes, dessen Volumen auf mehrere Billionen Dollar geschätzt wird.

Das Problem: Zu häufiges und zu intensives Anritzen der Bäume schwächt sie massiv. Fachleute warnen, dass ein Boswellia-Baum zehn Jahre oder länger benötigt, um sich von falscher oder übermäßiger Ernte zu erholen. In vielen Regionen erhalten die Bäume diese Zeit nicht mehr. Die Folge: sinkende Erträge, kranke Bestände und eine dramatisch abnehmende natürliche Verjüngung.

Besonders im Horn von Afrika, einer der wichtigsten Weihrauch-Produktionsregionen weltweit, geraten ganze Ökosysteme aus dem Gleichgewicht. Einige Boswellia-Arten gelten bereits als „potenziell bedroht“.

Ein uraltes Gut – neu entdeckt, neu gefährdet

Weihrauch ist eines der ältesten global gehandelten Güter überhaupt. Schon in der Antike verband er Afrika, den Nahen Osten, Indien und China über Handelsrouten. In der christlichen Tradition gilt er als heilige Gabe der drei Weisen, gemeinsam mit Gold und Myrrhe.

Heute erlebt das Harz eine Renaissance – als Rauch für Meditation, als Bestandteil ätherischer Öle, als angeblich entzündungshemmendes Naturheilmittel. Doch der moderne Boom trifft auf fragile Strukturen: fehlende Regulierung, kaum Rückverfolgbarkeit und wachsender wirtschaftlicher Druck auf lokale Sammler.

Existenzangst und Umdenken

Für Menschen wie Salaban Salad Muse ist der drohende Verlust der Weihrauchbäume mehr als ein ökologisches Problem – es ist eine existenzielle Bedrohung. Mit dem Verschwinden der Bäume verschwinden Einkommen, Wissen und eine jahrhundertealte Kultur der nachhaltigen Nutzung.

Deshalb wächst weltweit der Ruf nach einem Umdenken: nachhaltige Erntemethoden, Zertifizierungen, faire Preise und strengere Schutzmaßnahmen für Boswellia-Bestände. Ohne solche Schritte droht dem Weihrauch ein paradoxes Schicksal: Je beliebter er wird, desto seltener könnte er werden.

Der Duft der Weihnacht – und eines der älesten Handelsgüter der Menschheit – steht damit auf dem Spiel.

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