Startseite Allgemeines Der BGH bringt dringend nötige Klarheit“ – Interview mit Rechtsanwalt Daniel Blazek zur neuen Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Widerrufsbelehrung beim Neuwagenkauf im Fernabsatz
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Der BGH bringt dringend nötige Klarheit“ – Interview mit Rechtsanwalt Daniel Blazek zur neuen Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Widerrufsbelehrung beim Neuwagenkauf im Fernabsatz

TheDigitalArtist (CC0), Pixabay
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Redaktion: Herr Blazek, der Bundesgerichtshof hat sich erneut mit dem Thema Widerrufsbelehrung im Fernabsatz beim Neuwagenkauf beschäftigt. Was war der Kern der Entscheidung?

Daniel Blazek: Im Zentrum stand die Frage, ob ein Unternehmer beim Verkauf von Neuwagen über das Internet in seiner Widerrufsbelehrung zwingend auch die Telefon- oder Telefaxnummer angeben muss – insbesondere dann, wenn diese Daten zwar im Impressum der Website stehen, aber in der Widerrufsbelehrung selbst nicht auftauchen. Der BGH hat das nun klar verneint. Entscheidend ist, dass dem Verbraucher effiziente Kommunikationsmittel wie Postanschrift oder E-Mail genannt werden – beides war hier der Fall.


Redaktion: Wie beurteilen Sie die Entscheidung aus juristischer Sicht?

Blazek: Sie ist rechtlich stringent und praxisnah. Der BGH hebt zu Recht hervor, dass es beim Widerrufsrecht nicht darum geht, ob jedes potenziell existierende Kommunikationsmittel aufgeführt wird, sondern ob der Verbraucher in der Lage ist, sein Recht effizient auszuüben. Eine funktionierende E-Mail-Adresse reicht da vollkommen aus. Das ist auch eine wichtige Klarstellung für die Praxis, denn andernfalls wären Unternehmer gezwungen, selbst obsolet gewordene Kommunikationsmittel wie Fax dauerhaft vorzuhalten – was in der digitalen Realität einfach nicht mehr zeitgemäß ist.


Redaktion: Der Kläger hatte vorgebracht, die Faxnummer sei nicht erreichbar gewesen. Hätte das eine Rolle spielen können?

Blazek: Nein, jedenfalls nicht in diesem Kontext. Der BGH hat hier zu Recht mit dem sogenannten acte clair-Grundsatz argumentiert – also dass die Rechtslage so klar ist, dass keine Zweifel bestehen. Selbst wenn ein Faxgerät nicht erreichbar ist, führt das nicht zur Unwirksamkeit der Widerrufsbelehrung, solange andere Kommunikationsmittel verfügbar sind. Die entscheidende Überlegung ist: Wird der Verbraucher tatsächlich in seiner Fähigkeit beeinträchtigt, sein Recht wahrzunehmen? Und das war hier eindeutig nicht der Fall.


Redaktion: Kritisiert wurde auch, dass die Widerrufsbelehrung die Rücksendekosten nicht konkret beziffert hat. Wie sehen Sie das?

Blazek: Auch diese Rüge ist aus meiner Sicht unbegründet. Der BGH stellt zu Recht fest, dass eine ungenaue Information über Rücksendekosten zwar eine eigene Folge – etwa unter § 357 Abs. 5 BGB – nach sich ziehen kann, aber nicht den Lauf der Widerrufsfrist verhindert. Die Vorschriften zur Widerrufsbelehrung dürfen nicht überfrachtet werden. Der Unternehmer muss verständlich und transparent informieren, aber nicht alle Eventualitäten bis ins letzte Detail durchdeklinieren.


Redaktion: Es gab ein Urteil des OLG Stuttgart, das in Teilen abweicht. Was bedeutet das für die Rechtssicherheit?

Blazek: Das Urteil des OLG Stuttgart wird nun vom BGH unter dem Aktenzeichen VIII ZR 62/25 überprüft. Ich rechne stark damit, dass der BGH seine Linie bestätigt. Das wäre wichtig, um die Uneinheitlichkeit in der Rechtsprechung zu beseitigen. Denn gerade im Fernabsatz – etwa beim Autokauf online – muss klar sein, wann eine Widerrufsfrist zu laufen beginnt. Ein Zickzackkurs zwischen Instanzen wäre für Händler wie Verbraucher gleichermaßen schädlich.


Redaktion: Gibt es aus Ihrer Sicht Nachbesserungsbedarf im Gesetz?

Blazek: Nein. Die gesetzliche Lage ist eigentlich klar genug – die Diskussionen entstehen häufig erst durch formalistische Überdehnungen in der juristischen Praxis. Der BGH hat nunmehr eine verbraucherschützende, aber praxisgerechte Linie gezogen: Unternehmer müssen informieren, aber nicht für hypothetische Sonderfälle vorsorgen. Ich begrüße das ausdrücklich.


Redaktion: Was empfehlen Sie Unternehmern nun konkret?

Blazek: Wer im Fernabsatz tätig ist – egal ob im Kfz-Handel oder im Onlinehandel allgemein – sollte die Musterwiderrufsbelehrung verwenden und nicht unnötig davon abweichen. Sie ist vom Gesetzgeber anerkannt und schützt im Regelfall vor Abmahnrisiken. Wer eigene Formulierungen nutzt, sollte anwaltlich prüfen lassen, ob diese mit der Rechtsprechung des BGH im Einklang stehen – vor allem im Hinblick auf Kommunikationsmittel und Kosteninformationen.


Redaktion: Vielen Dank für das Gespräch, Herr Blazek.

Blazek: Gern geschehen.

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