Dresden – In einer spektakulären Wendung der Demokratie hat Sachsen beschlossen, das Prinzip „Regieren mit Mehrheit“ einfach mal kreativ zu interpretieren. Da der CDU/SPD-Koalition im Landtag zehn Stimmen fehlen, wurde ein neuer „Konsultationsmechanismus“ beschlossen – oder wie man es in der sächsischen Politik nennen könnte: „Jungs, wir müssen reden!“
Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) und Landtagspräsident Alexander Dierks (CDU) unterzeichneten am Mittwochabend feierlich das Dokument, das die Regierung davor bewahren soll, in etwa so handlungsfähig zu sein wie ein ICE bei Herbstlaub.
Politik als Begegnungsverkehr – aber mit Gegenverkehr
Die CDU beschreibt das neue Modell als „Begegnungsverkehr“ – also quasi eine Art Zebrastreifen der Politik, bei dem die Opposition mitreden darf, aber natürlich nur, wenn sie auch brav guckt, bevor sie losläuft. „Für uns ist klar: Der Mechanismus ist keine Einbahnstraße“, versicherte CDU-Fraktionsgeschäftsführer Sören Voigt. Ganz uneigennützig natürlich.
SPD-Kollegin Laura Stellbrink stellte klar: „Es ist ein Angebot, den Regierungskokon zu verlassen und sich zu öffnen.“ Oder anders gesagt: Man lädt die Nachbarn zum Kaffeeklatsch ein, weil man alleine keine Torte backen kann.
Regieren mit Spoiler-Warnung
Ab jetzt sollen alle Fraktionen – und sogar der fraktionslose Matthias Berger – „frühzeitig“ über neue Gesetze informiert werden. Kein „Überraschungs-Gesetz“, kein „Ups, das haben wir mal schnell beschlossen“ mehr. Nein, in Sachsen regiert man jetzt mit Spoiler-Warnung.
Geplant ist, dass Gesetze schon nach der Ministerrunde auf den Weg in den Landtag geschickt werden. Früher mussten sie erst noch durch einige Anhörungen – aber das war ja auch wirklich umständlich. Jetzt geht das Ganze direkt „über die Elbe“ – also quasi per politischem Elbtaxi, aber ohne Paddel.
Keine Maulkörbe – aber bitte leise bellen
Besonders stolz sind CDU und SPD darauf, dass eine brisante Passage aus dem ursprünglichen Vorschlag gestrichen wurde: Ursprünglich war geplant, dass die Opposition keine Anträge einbringen darf, die Regierungspläne „tangieren“. Also kurz gesagt: Keine blöden Ideen von anderen. Da das aber doch ein bisschen undemokratisch wirkte, wurde die Passage gestrichen – sonst hätten sich einige Fraktionen so sehr beschwert, dass sie wahrscheinlich noch ein Sitzstreik-Camp vor dem Landtag aufgeschlagen hätten.
„Demokratie-Simulation“ – oder der Versuch, sich nicht zu blamieren
Natürlich gab es auch Kritik. Die AfD war wenig begeistert und sprach von einer „Demokratie-Simulation“. Fraktionsvize Joachim Keiler meinte dennoch gönnerhaft: „Wir werden auch ohne Vereinbarung jedem Gesetz zustimmen, das unser Land voranbringt.“ Man könnte fast glauben, er hat kurz überlegt, ob das der richtige Satz für eine Oppositionspartei ist.
Grünen-Fraktionschefin Franziska Schubert gab sich diplomatisch: „Wir werden sehen, wie alles funktioniert.“ Übersetzung: Mal schauen, wie oft wir als Opposition trotzdem überfahren werden.
Lutz Richter vom BSW sah es optimistischer: „Die Konsultationen könnten ein Meilenstein werden.“ Oder zumindest ein Stolperstein, falls die CDU doch mal wieder ihre eigene Mehrheit vergessen sollte.
Fazit: Sachsen entdeckt das Regieren mit Gesprächsrunden
Zusammengefasst hat Sachsen mit dem „Sachsen-Modell“ ein völlig neues Konzept erfunden: Eine Regierung, die ihre Mehrheit vergessen hat, macht jetzt einfach auf Kumpel mit der Opposition. Ob das eine neue Ära der Zusammenarbeit einläutet oder eher eine Runde „Wer kann sich am besten durchmogeln?“ wird – das bleibt abzuwarten.
Aber immerhin eins ist sicher: Langweilig wird’s in Sachsens Landtag so schnell nicht mehr.
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