Inmitten des anhaltenden US-Regierungsstillstands hat eine Bundesrichterin in Boston am Donnerstag signalisiert, dass sie in den Streit um ausstehende Zahlungen im US-amerikanischen Lebensmittelhilfeprogramm SNAP (Supplemental Nutrition Assistance Program) eingreifen will. Das Programm – auch als „Food Stamps“ bekannt – versorgt rund 42 Millionen Amerikaner:innen mit Unterstützung beim Lebensmitteleinkauf.
Hintergrund ist die Entscheidung der Trump-Regierung, keine Gelder aus einem bestehenden Notfallfonds zu nutzen, um die für November fälligen Leistungen zu finanzieren. Diese Maßnahme hat massive Kritik ausgelöst – unter anderem von 25 Bundesstaaten und dem Regierungsbezirk Washington D.C., die die Bundesregierung deshalb verklagt haben.
„Der Kongress hat diese Mittel für Notfälle bereitgestellt – und wie kann das keine Notlage sein, wenn Millionen Menschen ohne Essen dastehen?“, fragte Richterin Indira Talwani während der Anhörung.
Was steht auf dem Spiel?
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Der SNAP-Fonds benötigt monatlich etwa 8,5 bis 9 Milliarden US-Dollar.
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Der Notfallfonds der USDA (US-Landwirtschaftsministerium) enthält aktuell rund 5,3 Milliarden US-Dollar.
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Das Geld reicht nicht aus, um alle Leistungen für November vollständig auszuzahlen.
Da das USDA auf Anweisung der Regierung die Auszahlung gestoppt hat, wurden die Staaten bereits Anfang Oktober angewiesen, keine November-Zahlungen vorzubereiten. Das bedeutet: Zum 1. November könnten Millionen von Bedürftigen leer ausgehen oder nur Teilbeträge erhalten.
Richterin Talwani äußerte scharfe Kritik an dieser Entscheidung:
„Die gesetzliche Intention des Kongresses war eindeutig: den Schutz der Bevölkerung sicherzustellen – nicht die drastischste Lösung zu wählen, bei der niemand Geld bekommt.“
Sie deutete an, eine einstweilige Verfügung zu erlassen, die die Regierung zur Nutzung des Notfallfonds verpflichten könnte. Ein konkreter Beschluss wird in Kürze erwartet.
Warum zahlt das USDA nicht aus?
Laut USDA seien die Mittel „rechtlich nicht verfügbar“ für reguläre Leistungen. Noch vor wenigen Wochen hatte die Behörde das Gegenteil behauptet. In einem mittlerweile gelöschten Notfallplan hieß es, der Fonds könne für den Fall eines Finanzierungsausfalls verwendet werden – und dass die „kongressuale Absicht eindeutig“ sei: SNAP muss weiterlaufen.
Landwirtschaftsministerin Brooke Rollins bekräftigte jedoch vergangene Woche, dass die Lebensmittelhilfen ohne neues Budget „Ende des Monats aufgebraucht“ sein würden. Zeitgleich verschob das Ministerium Gelder in Höhe von 300 Mio. Dollar zur Finanzierung des WIC-Programms für schwangere Frauen und Kleinkinder – eine Priorisierung, die nun juristisch angegriffen wird.
Reaktionen und nächste Schritte
Ein Anwalt des Justizministeriums verteidigte die Entscheidung der Regierung und warnte, dass die Verwaltung nicht kurzfristig in der Lage sei, reduzierte Leistungen gerecht zu verteilen. Vertreter der klagenden Bundesstaaten argumentierten dagegen, das USDA sei gesetzlich verpflichtet, wenigstens Teilbeträge auszuzahlen, anstatt das Programm ganz auszusetzen.
Währenddessen wachsen die sozialen Spannungen: Lebensmitteltafeln berichten über einen dramatischen Anstieg der Nachfrage, da viele Familien bereits mit dem Schlimmsten rechnen.
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