Es ist ein Schauspiel der Stärke – oder besser gesagt: der Stärke zur Schau. Donald Trump, ein Mann, der selten mit leisen Tönen auffällt, hat erneut gezeigt, dass er das Regierungshandbuch lieber als Requisit denn als Richtlinie verwendet.
Da ziehen also 2.000 Nationalgardisten durch Los Angeles, marschieren entlang von Bundesgebäuden, beobachten Demonstranten – und dürfen sie rechtlich gesehen nicht einmal anfassen. Kein Mandat zur Festnahme, keine Insurrection Act, keine Absprache mit dem Gouverneur. Was bleibt? Die Kameraeinstellung.
Trump inszeniert Ordnung mit Uniformen, während das Recht sich hinter Paragraphen duckt. Und was als Schutz von Bundesgebäuden verkauft wird, ist in Wahrheit ein Versuch, politische Muskeln spielen zu lassen – nicht im Sinne der Demokratie, sondern zu ihrem Nachteil.
Der Präsident stellt sich gerne als Retter vor – doch vor wem eigentlich? Vor den eigenen Bürger:innen, die demonstrieren? Vor Landesregierungen, die anderer Meinung sind? Oder gar vor einer Verfassung, die ihn daran erinnert, dass Macht nicht absolut ist?
Vielleicht ist das Gefährlichste an dieser „Mission Ordnung“ nicht, was getan wird – sondern wozu es einlädt. Wer einmal martialische Mittel normalisiert, wird sie beim nächsten Mal nicht zögern, wirklich einzusetzen. Und dann ist die Grenze zur martial law keine Linie mehr – sondern eine Erinnerung an das, was einmal Gewaltenteilung hieß.
📜 Analyse: Der Insurrection Act – Ein scharfes Schwert mit Geschichte
Der Insurrection Act ist eines der ältesten und umstrittensten Notstandsgesetze der USA. Verabschiedet 1792, erlaubt es dem Präsidenten, militärische Gewalt im Inland anzuwenden – zur Unterdrückung von Aufständen, zur Durchsetzung von Bundesrecht oder zum Schutz von Bürgerrechten, wenn Staaten selbst nicht handeln.
Seitdem wurde das Gesetz nur selten genutzt, zuletzt 1992 während der Unruhen in Los Angeles nach dem Rodney-King-Urteil – allerdings auf Wunsch der kalifornischen Regierung. Genau das unterscheidet frühere Einsätze von Trumps aktuellen Drohungen: Der Präsident versucht, das Gesetz gegen den ausdrücklichen Willen eines Bundesstaats anzuwenden.
Das wirft verfassungsrechtliche und politische Fragen auf:
- Verstößt der Einsatz gegen die föderale Balance?
- Wird der Einsatz von Militär im Inland zu einem politischen Druckmittel?
- Welche Kontrolle hat der Kongress über solche Entscheidungen?
Trump hat den Insurrection Act bislang nicht aktiviert – aber allein das Spiel mit der Möglichkeit dient ihm als Mittel zur Einschüchterung und Symbolpolitik. Es ist ein beunruhigendes Beispiel dafür, wie ein Gesetz, das im Ausnahmezustand schützen soll, zur Normalisierung von Machtansprüchen missbraucht werden kann.
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