Böse Falle für Verbraucher

Wer online shoppt, verliert oft automatisch die Hersteller-Garantie, wenn es sich nicht um autorisierte Händler handelt. Kunden erfahren davon meist erst mal nichts.

Die Verbraucherzentrale NRW entdeckte viele namhafte Marken-Hersteller, die so ihre Kundschaft abstrafen: etwa beim Erwerb von Jura-Kaffeeautomaten, bei Unterhaltungselektronik von Denon und Pioneer, bei Märklin-Eisenbahnen und Montblanc-Füller. Geradezu undurchsichtig und bizarr erscheint dabei die Vorgehensweise aus Kundensicht. Beispiel Jura: Die Tester der Verbraucherzentrale fanden bei Amazon keinen Hinweis, dass mit jeder Bestellung eines Jura-Produktes die 25-monatige Garantie futsch ist. Die Begründung dafür: Jura autorisiere Händler, die eine Möglichkeit offerieren, Waren vorm Kauf in Augenschein zu nehmen: sei es in einer Filiale oder in einem Abhollager. Deshalb auch – so die feine Jura-Logik – dürfen sich Käufer im Onlineshop von Saturn und Karstadt über die Zusatzleistung freuen. Sie könnten sich theoretisch ja die offensichtlich erklärungsbedürftigen Kaffeemaschinen im Geschäft vorführen lassen.

Auf „einen einheitlich hohen Level an Service und Betreuung“ pocht auch Denon. Der Level werde unter anderem garantiert durch „die Vorführung der Produkte in Präsentations- und Hörräumen“. Fragt sich nur, wo die sich bei Amazon, Technikdirekt und Alternate befinden? Denn diese Online-Firmen besitzen Autorisierung und damit Garantiezusage des Herstellers. Im Gegensatz zu Konkurrenten wie Comtech und Notebooksbilliger. Auch Sony, immerhin Vollsortimenter bei Unterhaltungselektronik, hat die Devise: „Beim Sony Deutschland Partner kaufen lohnt sich immer – besonders im Garantiefall“. Wer`s nicht tut, zahlt das mit zwölf Monaten weniger Schutz.

Schweigsame Händler und Verbände
Über dieses Wirrwarr erfahren Kunden meist nichts, die sich unbedarft durch die verschiedenen Shops klicken. Die Verbraucherzentrale NRW fand keinen nichtautorisierten Händler, der darauf hinwies, dass die Garantie beim Kauf entfällt oder verkürzt ist. Trickreich agiert Amazon. So verweist der Branchenprimus stolz darauf, „offizieller Sony Partner“ mit Garantieplus zu sein. Zu Jura-Produkten dagegen, wo Autorisierung und Garantiezusage fehlen, verhökert Amazon sogar „Garantieverlängerungen“ zum Kaffeeautomaten.

So schweigsam wie die Internet-Händler geben sich auch die Verbände. Von fünf Handelsverbänden, bei denen die Verbraucherschützer nachhakten, antwortete nur einer. Und der – die Hauptgemeinschaft des Deutschen Einzelhandels (HDE) – sah in der Vorgehensweise schlichtweg „kein Problem“.

Der Tipp der Verbraucherzentrale NRW, um nicht in die Garantie-Falle zu tappen, lautet deshalb: stets beim Hersteller nachfragen, ob ein ausgewählter Onlineshop als Premium-Verkäufer geadelt ist. Nachfragen zahlen sich auf jeden Fall aus bei Produkten von Denon und Pioneer, bei Bose und Märklin, Tissot und Tag-Heuer (Uhren), bei Jura, Sony und Montblanc, Benro (Aufnahmetechnik) und McLaren (Babyzubehör). Dass solche Recherchen unverzichtbar sind, zeigt sich am Beispiel von Pioneer. Von den fünf billigsten Anbietern, die eine Preissuchmaschine für ein Autoradio ausspuckte, schnappte bei drei Händlern nach dem Bezahlen die Falle zu.

Immerhin: Entschärft hat sie mittlerweile die Firma Weber, die rund um den Grill produziert. Während die Weber-Garantie (zwischen fünf und 25 Jahren) noch vor kurzem auf Käufe bei autorisierten Händlern beschränkt war, verschwand die Klausel nach einer Anfrage der Verbraucherzentrale NRW von der Homepage des Unternehmens. Seitdem gibt’s Garantie für alle.

Gewährleistung oder Garantie?
Während bei der Gewährleistung jeder Händler zwei Jahre per Gesetz verpflichtet ist, für die fehlerfreie Funktion seiner Neuware einzustehen, kommt die Garantie in der Regel vom Hersteller und ist eine freiwillige Leistung, gleich ob sie für ein, zwei oder 20 Jahre gilt. Wichtig zu wissen: Kommt`s innerhalb der ersten zwei Jahre nach Kauf zum Defekt, sollten Kunden zuerst den Händler ansprechen – und auf kostenlose Reparatur, Ersatzgerät oder Preisnachlass drängen. Keinesfalls sollten sie sich auf die Garantie des Herstellers verweisen lassen. Die Garantie des Herstellers kann jedoch bei den Händlern helfen, die sich bereits sechs Monate nach Erwerb auf die sogenannte Umkehr der Beweislast berufen. Das ist erlaubt, aber ärgerlich. Oft ist es für den Kunden schwer zu beweisen, dass der Fehler bereits beim Kauf vorhanden war. Ebenso segensreich für die Brieftasche können Hersteller-Garantien wirken, wenn sie länger als zwei Jahre laufen.

Quelle.VBZ NRW

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