Bitterfeld-Wolfen, einst Synonym für Umweltverschmutzung und DDR-Industrie, hat sich zu einem modernen Industriestandort gewandelt. Doch die Stadt mit 38.000 Einwohnern steht erneut vor Herausforderungen: hohe Energiekosten, Konkurrenz aus China und wirtschaftlicher Strukturwandel.
Vom „Dreck vom Himmel“ zur Hightech-Industrie
Über Jahrzehnte war Bitterfeld-Wolfen geprägt von Chemieproduktion ohne Umweltschutz. Luft und Wasser waren extrem belastet, das Grundwasser ist bis heute kontaminiert. Nach der Wende folgte ein harter Umbruch: Die veralteten DDR-Betriebe wurden stillgelegt oder privatisiert, Zehntausende verloren ihre Arbeit.
Dank staatlicher Förderung und Investitionen – darunter Bayer (1991) und die Solarindustrie (ab 1999) – entwickelte sich Bitterfeld-Wolfen zur modernen Industrieregion mit Hightech-Fokus.
Solarindustrie: Aufstieg und Absturz
Bitterfeld avancierte zum „Solar Valley“, als Unternehmen wie QCells Tausende Arbeitsplätze schufen. Doch China überflutete den Markt mit Billigmodulen, viele deutsche Hersteller gingen pleite. Versuche, die Solarproduktion in Deutschland zu halten, scheiterten – zuletzt 2023, als Meyer Burger beschloss, Solarzellen in den USA statt in Europa weiterzuverarbeiten.
Neue Hoffnung: Europas erste Lithium-Raffinerie
Ein Hoffnungsschimmer ist AMG Lithium, das seit Kurzem die erste europäische Lithium-Raffinerie betreibt. Hier wird Lithiumhydroxid für E-Auto-Batterien aufbereitet. Noch erfolgt ein Zwischenschritt in China, doch mit der geplanten Verfünffachung der Produktion soll die gesamte Wertschöpfungskette in Bitterfeld-Wolfen bleiben.
Bitterfelds Erfolgsgeheimnis: Resilienz und Branchenmix
Der industrielle Stoffverbund – ein 20 km langes Rohrleitungssystem für Chemikalien – ist ein Standortvorteil für viele Betriebe. Oberbürgermeister Armin Schenk betont die positive Einstellung der Bevölkerung zur Industrie, die neue Investoren anzieht.
Doch die Stadt muss weiter um Fachkräfte und Einwohner kämpfen: Die Bevölkerung schrumpfte seit 2000 um 20.000 Personen. Der Strukturwandel bleibt ein offener Prozess, doch Bitterfeld-Wolfen hat gezeigt, dass es sich immer wieder neu erfinden kann.
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