1. Einleitung
Die avesco Sustainable Finance AG ist ein in Berlin ansässiges Wertpapierinstitut, das sich auf nachhaltige Finanzprodukte spezialisiert hat. Das Unternehmen durchläuft seit 2011 eine Transformation vom B2C-Vermögensverwalter zu einem B2B2C-Asset Manager. Die Geschäftsfelder umfassen Private Markets Banking (PMB), Sustainable Investment Office (SIO) und Sustainable Asset Management (SAM).
Der Jahresabschluss 2023 zeigt, dass avesco mit wirtschaftlichen Herausforderungen zu kämpfen hat, insbesondere durch eine deutliche Reduzierung der Provisionserträge und gestiegene Marktunsicherheiten. Im Folgenden werden die Ertragslage, Vermögenslage, Finanzlage und wesentliche Risiken analysiert.
2. Ertragslage
Die Gesamterträge aus dem operativen Geschäft beliefen sich 2023 auf 1,533 Mio. EUR, was einem Rückgang von 10 % gegenüber dem Vorjahr entspricht (2022: 1,698 Mio. EUR). Noch deutlicher wird die Diskrepanz, wenn man die ursprünglichen Planwerte betrachtet: Die Erträge lagen um 29 % unter den Erwartungen.
- Der größte Einbruch wurde im Bereich Private Markets Banking (PMB) verzeichnet. Hier sanken die Provisionserträge um -62 % im Vergleich zur Planung und um -32 % im Vergleich zu den bereits schwachen Vorjahreswerten.
- Der Anteil des PMB-Geschäfts an den Gesamtprovisionserträgen sank von 28 % (2022) auf nur noch 21 % (2023).
- Die Erträge aus dem Sustainable Asset Management (SAM) blieben mit einem Rückgang von -1,3 % auf Vorjahresniveau, verfehlten jedoch die Planung um 8,5 %.
Der Jahresfehlbetrag (nach Steuern) lag bei -214 TEUR, was zwar eine Verbesserung gegenüber dem Vorjahr (-559 TEUR) darstellt, jedoch weiterhin eine negative Entwicklung widerspiegelt. Insgesamt beträgt der Bilanzverlust zum Jahresende 692 TEUR, bedingt durch den Fehlbetrag des aktuellen Geschäftsjahres und den Verlustvortrag aus dem Vorjahr (-477 TEUR).
3. Vermögenslage
Die Bilanzsumme sank 2023 von 964 TEUR auf 702 TEUR, was auf eine Reduzierung der liquiden Mittel sowie eine Anpassung der Vermögenswerte zurückzuführen ist.
- Eigenkapital:
- Das gezeichnete Kapital blieb mit 302 TEUR konstant.
- Die Kapitalrücklage beträgt weiterhin 574 TEUR.
- Die Gesamtkapitalquote sank jedoch durch den erhöhten Bilanzverlust.
- Eine Kapitalerhöhung wurde im Dezember 2023 eingeleitet, um die regulatorischen Eigenkapitalanforderungen wieder zu erfüllen.
- Wertpapiere & Beteiligungen:
- Die Position Aktien und andere nicht festverzinsliche Wertpapiere sank nur geringfügig auf 139 TEUR (Vorjahr: 142 TEUR).
- Beteiligungen wurden deutlich reduziert: Ein Großteil der Beteiligungen wurde von 103 TEUR auf nur noch 3,5 TEUR abgebaut.
- Anteile an verbundenen Unternehmen sanken von 50 TEUR auf 37,5 TEUR.
Die Finanzierung des Geschäftsbetriebs erfolgte im Wesentlichen durch die generierten Provisionserträge und einen in 2020 aufgenommenen KfW-Kredit.
4. Finanzlage & Liquidität
Die freie Liquidität des Unternehmens betrug zum Stichtag 84 TEUR. Zusätzlich standen eine Kreditlinie von 15 TEUR und ein Lombardkredit in Höhe von 50 TEUR zur Verfügung.
- Die Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten beliefen sich auf 333 TEUR, wovon 240 TEUR langfristig gebunden sind.
- Sonstige Verbindlichkeiten (z. B. Lohnsteuer, Verbindlichkeiten gegenüber verbundenen Unternehmen) lagen bei 68 TEUR.
- Die Rückstellungen wurden mit 57 TEUR angesetzt, u. a. für Prüfungskosten und Nebenkostenabrechnungen.
Obwohl die Liquidität im Berichtsjahr jederzeit gesichert war, zeigt sich eine hohe Abhängigkeit von externen Finanzierungen.
5. Wesentliche Risiken & Herausforderungen
5.1. Marktrisiken & Ertragsrisiken
- Die anhaltende Zurückhaltung der Investoren und steigende Fremdfinanzierungskosten haben die Geschäfte im Bereich Private Markets Banking (PMB) stark belastet.
- Marktunsicherheiten, verursacht durch geopolitische Spannungen (Ukraine-Krieg, Nahost-Konflikt), Inflation und wirtschaftliche Unsicherheiten, haben die Anlagebereitschaft vieler Investoren verringert.
5.2. Prozessrisiken & Rechtsstreitigkeiten
- Ein laufender Rechtsstreit mit einem Geschäftspartner könnte das Unternehmen finanziell belasten. Der Streitwert beträgt 915 TEUR. Obwohl die Gesellschaft derzeit nicht davon ausgeht, in dem Verfahren unterliegen zu können, bleibt ein Restrisiko bestehen.
- Operationelle Risiken, z. B. durch interne Prozessfehler oder Compliance-Vorfälle, werden als mittleres Risiko eingestuft.
5.3. Nachhaltigkeitsrisiken & Fachkräftemangel
- Ein Mangel an qualifizierten Fachkräften mit Sustainable-Finance-Know-how wird als strategische Herausforderung gesehen.
- Nachhaltigkeitsrisiken betreffen sowohl unternehmensinterne Faktoren (z. B. steigende Kosten für regulatorische Anforderungen) als auch externe Risiken (z. B. Wertverluste nachhaltiger Investments durch schwache Marktentwicklung).
6. Ausblick & Chancen
Trotz der bestehenden Herausforderungen gibt es einige positive Entwicklungen:
- Erwartete Markterholung:
- Die Finanzmärkte zeigten zum Jahresende erste Stabilisierungstendenzen, insbesondere bei nachhaltigen Investments.
- Ein möglicher Stimmungsumschwung zugunsten kleinerer Unternehmen könnte sich positiv auf die Fondserträge auswirken.
- Strategische Maßnahmen zur Stabilisierung:
- Die Gesellschaft plant Kostensenkungen und eine Kapitalerhöhung, um die Eigenkapitalanforderungen zu erfüllen.
- Die Einführung einer Tochtergesellschaft für Nachhaltigkeitsanalysen soll neue Kundensegmente erschließen.
- Optimistische Planung für 2024:
- Die erwarteten Erträge sollen auf 1,876 Mio. EUR steigen.
- Bei einer positiven Marktentwicklung könnten dynamische Mittelzuflüsse in den Fonds die wirtschaftliche Lage weiter stabilisieren.
7. Fazit & Bewertung
Die avesco Sustainable Finance AG befindet sich weiterhin in einer finanziell angespannten Situation, zeigt jedoch Bemühungen zur Stabilisierung.
✅ Stärken:
- Fokus auf nachhaltige Investments mit Wachstumschancen
- Strategische Maßnahmen zur Kostenreduktion & Kapitalerhöhung
- Langfristige Stabilisierung durch regulatorische Förderung nachhaltiger Finanzprodukte
❌ Schwächen & Risiken:
- Hohe Verluste und sinkende Erträge
- Schwache Marktperformance im Bereich Private Markets
- Rechtsstreit mit hohem Streitwert als potenzielles finanzielles Risiko
- Niedrige Liquiditätsreserve und hohe Abhängigkeit von Fremdfinanzierung
Während avesco in den kommenden Jahren stark von Marktentwicklungen und Investorenstimmungen abhängt, könnten gezielte Maßnahmen zur Kostensenkung und Fokussierung auf nachhaltige Produkte mittelfristig zu einer Erholung führen. Anleger sollten jedoch die Risiken eines Investments in das Unternehmen genau abwägen.
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