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Bericht zum Urteil des OLG Stuttgart vom 28.10.2025 (Az. 6 U 84/24)

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Mit Urteil vom 28. Oktober 2025 hat das Oberlandesgericht Stuttgart (Az. 6 U 84/24) klargestellt, unter welchen Voraussetzungen ein Leasinggeber nach Vertragsende einen Anspruch auf Ausgleich eines Minderwerts geltend machen kann. Die Entscheidung betrifft einen Kilometerleasingvertrag über ein Fahrzeug und konkretisiert die Anforderungen an den Vortrag des Leasinggebers sowie die Bewertung der Rückgabeschäden

Sachverhalt

Die Klägerin, eine Leasinggesellschaft, verlangte von einer Partnerschaftsgesellschaft von Rechtsanwälten als Leasingnehmerin einen Minderwertausgleich in Höhe von rund 9.445 €, der auf einem DAT-Gutachten beruhte. Dieses bezifferte 17 Schäden als „überdurchschnittlich“. Zudem wurde ein Betrag von 1.000 € für eine nicht durchgeführte Inspektion geltend gemacht.

Das Landgericht Stuttgart gab der Klage in weiten Teilen statt. Die Beklagten legten dagegen Berufung ein – mit teilweisem Erfolg.

Kernaussagen des OLG Stuttgart

1. Differenzierung: Mängel vs. Gebrauchsspuren

Das Gericht stellte klar, dass nur solche Schäden ersatzfähig sind, die über die üblichen Gebrauchsspuren hinausgehen. Dazu zählen:

  • Schäden, die bei vertragsgemäßem Gebrauch typischerweise nicht entstehen, oder

  • Schäden, die zwar entstehen können, aber von Fahrzeughaltern üblicherweise beseitigt werden.

Nicht berücksichtigt werden hingegen alters- und nutzungsbedingte Spuren, wie sie statistisch bei vergleichbaren Fahrzeugen üblich sind.

2. Reparaturkosten als Grundlage der Schätzung

Ein innovativer Aspekt der Entscheidung: Das Gericht erkennt an, dass ein zuverlässiger Zusammenhang zwischen den Reparaturkosten und dem tatsächlichen Wertverlust besteht. Eine Schätzung des Minderwerts auf Basis der Reparaturkosten (unter Anwendung eines Abschlags) sei zulässig, sofern:

  • die Schäden korrekt individualisiert sind,

  • übliche Gebrauchsspuren ausgeschlossen wurden,

  • die Abzüge plausibel begründet sind.

Ein pauschaler Abschlag sei unzulässig; das Wertminderungspotenzial jedes einzelnen Mangels müsse berücksichtigt werden.

3. Unzulässige Berufung hinsichtlich der Inspektionskosten

Die Berufung war unzulässig, soweit sie sich gegen die Verurteilung zur Zahlung der Inspektionskosten (1.000 €) richtete. Hierzu hatte die Beklagte keine ordnungsgemäße Berufungsbegründung vorgelegt. Die Pflicht zur Durchführung fälliger Wartungen ergibt sich klar aus den AGB der Klägerin.

Ergebnis

Das OLG bestätigte grundsätzlich den Anspruch der Leasinggeberin, kürzte aber den geltend gemachten Minderwert aufgrund mangelnder Berücksichtigungsfähigkeit einzelner Positionen (z. B. lediglich verformte Sitzbezüge statt nachgewiesener Risse). Insgesamt wurde ein ausgleichspflichtiger Minderwert in Höhe von 3.160 € anerkannt. Hinzu kamen Zinsen und Mahnkosten, die wegen Verzugs zugesprochen wurden.

Bedeutung für die Praxis

Die Entscheidung verdeutlicht:

  • Leasinggeber müssen differenziert vortragen, welche Schäden als nicht übliche Gebrauchsspuren zu werten sind.

  • Die Verwendung von Reparaturkosten als Schätzgrundlage für den Minderwert ist zulässig – aber nur unter Beachtung des konkreten Wertminderungspotenzials.

  • Formale Anforderungen an Berufungen bleiben hoch – unspezifische Begründungen führen zur Unzulässigkeit.

Das Urteil bietet wichtige Orientierung zur Durchsetzung von Minderwertansprüchen im Leasingrecht und kann Maßstab für künftige Rückabwicklungen in der Leasingbranche sein.

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