In Belarus sind nach offiziellen Angaben 52 politische Gefangene freigelassen worden. Der litauische Präsident Gitanas Nausėda erklärte in Vilnius, dass die Betroffenen inzwischen auf dem Weg nach Litauen seien. Unter ihnen befinden sich auch 14 Ausländer, darunter zwei deutsche Staatsbürger.
Wer die Freigelassenen sind
Nach ersten Informationen handelt es sich bei den entlassenen Personen um eine Mischung aus Oppositionellen, Journalistinnen und Journalisten sowie Teilnehmerinnen und Teilnehmern regierungskritischer Demonstrationen. Viele von ihnen waren nach den Massenprotesten gegen die umstrittene Präsidentschaftswahl 2020 festgenommen worden, bei der Amtsinhaber Alexander Lukaschenko den Sieg für sich reklamierte. Internationale Beobachter und Menschenrechtsorganisationen stuften zahlreiche dieser Verfahren als politisch motiviert ein.
Konkrete Namen oder nähere Angaben zur Identität der Betroffenen wurden bislang nicht veröffentlicht. Menschenrechtsorganisationen wie Viasna und Amnesty International hatten wiederholt auf die katastrophalen Haftbedingungen in belarussischen Gefängnissen hingewiesen und die sofortige Freilassung aller politischen Häftlinge gefordert.
Hintergrund der Verhandlungen
Die Freilassung erfolgte nach Angaben von Nausėda im Zuge von Gesprächen zwischen dem belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko und einem Gesandten des damaligen US-Präsidenten Donald Trump. Details über die Inhalte der Verhandlungen wurden bisher nicht bekannt. Beobachter werten den Schritt jedoch als Signal Lukaschenkos, der einerseits seine internationale Isolation durchbrechen, andererseits aber auch seine Abhängigkeit von Russland taktisch abfedern könnte.
Seit Jahren ist Belarus wirtschaftlich wie politisch stark an Moskau gebunden. Zugleich versucht Lukaschenko immer wieder, Spielräume gegenüber dem Westen zu öffnen – nicht zuletzt, um Druckmittel gegenüber Russland zu haben. Die Freilassung könnte in diesem Kontext als Geste verstanden werden, um mögliche Gespräche mit der EU oder den USA anzubahnen.
Reaktionen aus dem Ausland
In Litauen wurde die Nachricht mit Erleichterung aufgenommen. Präsident Nausėda sprach von einem „wichtigen humanitären Schritt“ und betonte zugleich, dass noch viele weitere politische Gefangene in Belarus einsäßen. Auch aus Deutschland und anderen europäischen Ländern dürfte die Entwicklung aufmerksam verfolgt werden, zumal zwei deutsche Staatsbürger unter den Freigelassenen sind.
Die Europäische Union hatte in den vergangenen Jahren mehrfach Sanktionen gegen Belarus verhängt – unter anderem wegen der Unterdrückung der Opposition, der gewaltsamen Niederschlagung von Protesten und wegen Wahlfälschungen. Ob die jüngste Freilassung Anlass zu einer Neubewertung der Beziehungen gibt, ist offen.
Menschenrechtslage bleibt angespannt
Trotz dieser Geste bleibt die Menschenrechtslage in Belarus angespannt. Organisationen wie Human Rights Watch schätzen, dass weiterhin Hunderte politische Gefangene inhaftiert sind. Viele davon sitzen langjährige Strafen ab, andere befinden sich in Untersuchungshaft. Auch willkürliche Verhaftungen, Einschränkungen der Pressefreiheit und staatliche Repressionen gegen Aktivisten gehören weiter zum Alltag im Land.
Ausblick
Die Freilassung der 52 Gefangenen könnte daher sowohl als Versuch Lukaschenkos gewertet werden, internationales Entgegenkommen zu zeigen, als auch als taktisches Manöver in einem komplizierten geopolitischen Umfeld. Ob weitere Häftlinge folgen und ob sich daraus eine echte Entspannung im Verhältnis zwischen Belarus und dem Westen ergibt, bleibt abzuwarten.
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