Was früher als „unberührtes Juwel“ galt, wird heute „entwickelt“ – mit Bulldozern, Beton und Businessplänen. Willkommen auf Lombok, der indonesischen Insel, die einst als ruhiger kleiner Bruder von Bali bekannt war – und nun zum Opfer staatlich verordneter Tourismusoptimierung wird. Motto: „Mehr Bali für alle – auch wenn’s keiner will.“
Denn was wäre schöner, als ein zweites Bali zu schaffen? Offenbar alles – wenn man die Menschen fragt, die dort wohnen.
Vom Surfbrett zum Bagger
Damar, ein sympathischer Surf-Guide, der früher beim Anblick eines Touristen fast in Ohnmacht fiel, verdient heute doppelt so viel wie ein Fischer – und wurde dennoch zwangsumgesiedelt. Sein Heimatdorf wich einem Rennstreckenprojekt, das vermutlich schneller genehmigt wurde als seine Familie ihre Sachen packen konnte.
„Ich bin nicht sauer auf die Touristen. Ich bin sauer auf meine Regierung“, sagt Damar. Wie bescheiden. In anderen Ländern gäbe es dafür Demonstrationen. Hier gibt’s Swimmingpools mit Sicht aufs Elend.
Kuta Lombok: Chlor statt Charme
Was früher Surferhostels waren, sind heute Wellness-Oasen mit internationalem Schulanschluss für Expats. In Kuta (Lombok, nicht Bali – man muss das jetzt dazu sagen) glänzt die Infrastruktur. Und glitzert. Und blendet.
Die Regierung nennt das Entwicklung. Die Einheimischen nennen es: Vertreibung mit freundlicher Hotelrezeption.
Zwangsräumung mit Zimmerservice
Am Strand von Tanjung Aan wurden jüngst knapp 200 kleine Stände brutal abgerissen. Die Verkäufer, viele davon seit Jahren dort tätig und brav Steuer zahlend, durften zuschauen, wie maskierte Sicherheitskräfte ihre Existenzen mit den Händen demontierten.
Ella, eine davon, sagte: „Das war unmenschlich.“ Und die UN nickt – laut. Mehr als 2.000 Menschen verloren ihre Lebensgrundlage, heißt es. Aber hey: Immerhin entsteht hier bald ein Luxushotel. Vielleicht mit Frühstücksbuffet bis 10 Uhr.
Wer Bali will, soll nach Bali
Kritiker wie der Schweizer Tourist Basil bringen es auf den Punkt: „Wenn man Bali sehen will, soll man nach Bali fahren.“ Ein revolutionärer Gedanke in Zeiten copy-pasteter Tourismusstrategien.
Denn wer Lombok liebt, liebt es gerade nicht, weil es wie Bali ist. Sondern weil es nicht wie Bali ist. Doch solche Feinheiten passen schlecht in Investoren-Präsentationen mit PowerPoint-Überschriften wie „Paradies monetarisieren – aber nachhaltig!“.
Glänzende Aussichten – für Investoren
Während Einheimische ihr Land verlieren, wachsen die Zimmerzahlen. Während die Regierung Jobs verspricht, fragt niemand, ob die auch gut bezahlt werden. Und während internationale Gäste Yoga auf neuen Holzdecks machen, verschwinden alte Strukturen – und zwar nicht metaphorisch.
Der Plan ist klar: „Wenn schon Bali kaputtentwickelt ist, bauen wir einfach das nächste – diesmal mit Rennstrecke.“
Der Preis des Fortschritts
Lara, eine Homestay-Betreiberin, freut sich zwar über ihre 14 Zimmer und den Bau ihrer neuen Villa, gibt aber zu: „Früher war mehr Zeit für Nachbarn.“ Heute ist mehr Zeit für Check-ins.
Wie in Cancun, wie auf Mykonos, wie in Barcelona. Die Geschichte ist überall dieselbe. Und endet immer gleich: „Wir vermissen die Vergangenheit, aber das Geld ist gut.“
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