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Interview: Was können betroffene Anleger jetzt tun?Rechtsanwältin Kerstin Bontschev erklärt die Optionen

Frage: Frau Bontschev, viele Anleger stehen nach dem Zusammenbruch bestimmter Investitionsmodelle vor großen Verlusten. Was können Betroffene jetzt tun?

Kerstin Bontschev: Zunächst einmal sollten Anleger Ruhe bewahren und ihre Situation systematisch analysieren. Der erste Schritt ist immer, die relevanten Unterlagen zusammenzustellen – das heißt Verträge, Prospekte, Korrespondenzen und Kontoauszüge. Diese Dokumente sind entscheidend, um zu überprüfen, ob der Anbieter seiner Aufklärungspflicht nachgekommen ist oder ob es Anhaltspunkte für fehlerhafte Beratung gibt.

Frage: Welche Möglichkeiten haben Anleger, wenn sie das Gefühl haben, nicht korrekt beraten worden zu sein?

Kerstin Bontschev: Wenn eine Falschberatung vorliegt, kann Schadensersatz geltend gemacht werden. Hierbei prüfen wir, ob die Risiken des Investments ausreichend erklärt wurden und ob der Berater das Produkt passend zur finanziellen Situation des Kunden empfohlen hat. Anleger haben das Recht, umfassend informiert zu werden – etwa über Kosten, Risiken und die Erfolgsaussichten. Ist das nicht passiert, könnte ein Anspruch bestehen.

Frage: Gibt es auch andere Ansätze außerhalb der Beratungshaftung?

Kerstin Bontschev: Ja, natürlich. Neben der Beratungshaftung gibt es auch die Möglichkeit, gegen den Emittenten oder die Gesellschaft selbst vorzugehen, etwa wegen Prospektfehlern oder gar Betrug. Hierbei prüfen wir, ob die Angaben im Verkaufsprospekt unvollständig oder irreführend waren. Außerdem kann es Sinn machen, strafrechtliche Schritte zu prüfen, wenn der Verdacht auf kriminelle Machenschaften besteht.

Frage: Was ist, wenn der Anbieter bereits insolvent ist?

Kerstin Bontschev: Bei Insolvenz des Anbieters ist die Situation komplexer, aber nicht hoffnungslos. In solchen Fällen können Anleger ihre Forderungen beim Insolvenzverwalter anmelden. Es ist wichtig, die Fristen hierfür einzuhalten. Außerdem prüfen wir, ob andere Beteiligte wie Geschäftsführer oder wirtschaftliche Hintermänner in die Haftung genommen werden können. In einigen Fällen lohnt sich auch ein Blick auf bestehende Versicherungen, die eventuell greifen.

Frage: Wie sieht es mit der Verjährung aus? Haben Anleger eine bestimmte Zeit, um aktiv zu werden?

Kerstin Bontschev: Ja, Verjährungsfristen spielen eine entscheidende Rolle. Schadensersatzansprüche verjähren in der Regel drei Jahre nach Kenntnis des Schadens und der Verantwortlichen. Spätestens nach zehn Jahren ist jedoch Schluss – unabhängig davon, ob die Anleger Kenntnis hatten. Es ist also ratsam, schnell zu handeln, um die eigenen Rechte nicht zu verlieren.

Frage: Was empfehlen Sie betroffenen Anlegern konkret als nächsten Schritt?

Kerstin Bontschev: Der wichtigste Rat ist, sich juristisch beraten zu lassen. Anleger sollten nicht alleine versuchen, ihre Ansprüche durchzusetzen, da die rechtlichen und taktischen Herausforderungen sehr komplex sein können. Gemeinsam mit einem erfahrenen Anwalt oder einer Anwältin lassen sich die Erfolgsaussichten fundiert prüfen und die beste Strategie entwickeln. Zudem empfehle ich, sich in Anlegergemeinschaften oder Schutzvereinen zusammenzuschließen. Das erhöht die Durchsetzungskraft erheblich.

Frage: Wie können Anleger ihre Chancen verbessern?

Kerstin Bontschev: Eine gute Vorbereitung ist entscheidend. Wer alle Unterlagen sortiert, die Fakten objektiv darstellt und rechtzeitig aktiv wird, hat deutlich bessere Chancen. Wichtig ist auch, sich nicht von Überforderung oder Frust lähmen zu lassen. Viele Anleger scheuen den Gang zum Anwalt, aber oft gibt es effektive Lösungen – auch ohne langwierige Gerichtsverfahren.

Frage: Vielen Dank, Frau Bontschev, für die hilfreichen Tipps!

Kerstin Bontschev: Gern geschehen! Ich hoffe, dass betroffene Anleger dadurch Klarheit gewinnen und die nächsten Schritte mit Zuversicht angehen können.

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