Außenminister Johann Wadephul (CDU) ist am Montag zu seinem Antrittsbesuch nach Kroatien aufgebrochen. In der Hauptstadt Zagreb trifft er sowohl seinen Amtskollegen Gordan Grlić Radman als auch Ministerpräsident Andrej Plenković. Mit dem Besuch will Wadephul die bilateralen Beziehungen festigen und zugleich ein deutliches Signal für die europäische Integration der Westbalkan-Staaten setzen.
Kroatien als Vorbild und Brückenbauer
Kroatien, das 2013 der Europäischen Union beitrat und seit 2023 auch Teil der Eurozone und des Schengen-Raums ist, gilt als Beispiel dafür, wie eine erfolgreiche Annäherung an die EU verlaufen kann. Wadephul betonte vor seinem Abflug: „Kroatien weiß genau um die Chancen und Herausforderungen im Westbalkan. Als jüngstes EU-Mitglied hat es wertvolle Erfahrungen gesammelt und kann ein Vorbild und Brückenbauer für die Nachbarstaaten sein.“
Gerade die Länder Serbien, Montenegro, Albanien, Nordmazedonien, Bosnien-Herzegowina und Kosovo haben nach wie vor mit politischen, wirtschaftlichen und rechtlichen Hürden zu kämpfen, die ihren Beitrittsprozess zur EU erschweren. Kroatien könnte mit seiner geografischen Nähe und historischen Erfahrung eine vermittelnde Rolle einnehmen.
EU-Erweiterung im Fokus
In Zagreb will Wadephul über konkrete Schritte sprechen, um den stockenden EU-Beitrittsprozess voranzubringen. Besonders wichtig ist Berlin, dass Reformen in den Bereichen Rechtsstaatlichkeit, Medienfreiheit und Korruptionsbekämpfung in den Kandidatenländern konsequent umgesetzt werden. „Nur so kann das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in eine erweiterte EU gestärkt werden“, heißt es aus dem Auswärtigen Amt.
Gleichzeitig steht Deutschland vor dem Spagat: Einerseits soll der Westbalkan eine glaubwürdige Beitrittsperspektive behalten, andererseits dürfen die internen Herausforderungen der EU – etwa Streitigkeiten über Rechtsstaatlichkeit in Ungarn und Polen oder die Finanzarchitektur – nicht verschärft werden.
Sicherheitsfragen und regionale Stabilität
Ein weiteres zentrales Thema sind sicherheitspolitische Fragen. Südosteuropa gilt nach wie vor als geopolitisch sensible Region, in der sowohl Russland als auch China ihren Einfluss auszubauen versuchen. Kroatien als Nato-Mitglied spielt daher eine Schlüsselrolle für die Stabilität.
Wadephul will mit der kroatischen Regierung auch über die Rolle der KFOR-Mission im Kosovo, die Lage in Bosnien-Herzegowina sowie die jüngsten Spannungen zwischen Serbien und dem Kosovo sprechen. Deutschland und Kroatien teilen hier das Ziel, Eskalationen zu verhindern und die Integration in europäische Strukturen zu fördern.
Energie und Wirtschaft im Gespräch
Neben politischen und sicherheitspolitischen Fragen wird auch die Energiekooperation eine Rolle spielen. Kroatien betreibt im Hafen Krk ein LNG-Terminal, das bereits heute für die Energieversorgung Mittel- und Osteuropas von Bedeutung ist. Für Deutschland könnte Kroatien damit ein strategisch wichtiger Partner bei der Diversifizierung von Gas- und Energieimporten werden.
Auch der bilaterale Handel entwickelt sich dynamisch: Deutschland gehört zu den wichtigsten Handelspartnern Kroatiens, während Kroatien für viele deutsche Unternehmen ein attraktiver Standort in Südosteuropa ist.
Symbolischer Auftakt für eine aktive Außenpolitik
Die Reise nach Kroatien ist für Wadephul nicht nur eine Pflichtübung, sondern eine klare Botschaft: Deutschland will seine Rolle auf dem Westbalkan verstärken. Gerade in Zeiten, in denen die EU-Erweiterung auch innerhalb der Mitgliedstaaten kontrovers diskutiert wird, gilt der Besuch als Versuch, Vertrauen zu schaffen – sowohl bei den Partnern in der Region als auch bei den politischen Entscheidungsträgern in Brüssel.
„Wer den Westbalkan stabilisiert, stabilisiert Europa insgesamt“, so Wadephul vor seiner Abreise.
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