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Ansteckend, aber nicht kopierbar – die Grenzen des Trumpismus in Europa

MIH83 (CC0), Pixabay
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Der Begriff Trumpismus hat sich längst etabliert – und doch bleibt er schwer zu fassen. Er beschreibt weniger eine kohärente politische Ideologie, sondern vielmehr einen Stil, eine Haltung, ja fast schon eine Strategie der Inszenierung. Politikwissenschaftlerin Elisa Chelle bringt es auf den Punkt: „Donald Trump hat keine festen Überzeugungen in vielen politischen Fragen. Er hat seine Meinung etwa zur Abtreibung mehrfach geändert – entscheidend ist für ihn nicht die inhaltliche Linie, sondern der Effekt.“

Populismus als Stil – nicht als Programm

Der Trumpismus ist in erster Linie ein populistischer Stil, kein ideologisches Manifest. Er lebt von vereinfachter Sprache, Emotionalisierung, Provokation und dem ständigen Kampf gegen ein imaginiertes „Establishment“. Trump versteht es, Themen zu personalisieren und Konflikte zu inszenieren. Seine Sprache ist direkt, teils derb, aber verständlich – und genau das macht sie anschlussfähig für viele Wählerinnen und Wähler, die sich von der politischen Klasse nicht mehr repräsentiert fühlen.

Dieser Kommunikationsstil hat weltweit Schule gemacht. Politikerinnen und Politiker von Italien über Brasilien bis Ungarn beobachten und kopieren Trumps Show-Politik, seine Selbstvermarktung und den bewussten Bruch mit Konventionen. Doch Chelle betont: Der Trumpismus ist ein Produkt spezifisch amerikanischer Kultur, mit ihrem Hang zur Personalisierung, zur Show und zur politischen Polarisierung – und lässt sich daher nicht ohne Weiteres exportieren.

Europa schaut fasziniert – und zögert

In Europa beobachten insbesondere Parteien am rechten Rand den Trumpismus mit Interesse. Für sie verkörpert er den Erfolg eines Populisten, der es bis ganz an die Spitze geschafft hat – in das mächtigste Amt der Welt. „Er ist der Beweis, dass Populismus kein Randphänomen bleiben muss“, erklärt Chelle. Dennoch: Eine eins-zu-eins-Kopie funktioniert nicht.

Während Trumps politische Bühne in einem Zweiparteiensystem spielt, sind europäische Demokratien pluralistischer. Parteienlandschaften sind fragmentiert, und Koalitionen erzwingen Kompromisse – eine Logik, die dem kompromisslosen „Ich allein weiß, was richtig ist“-Gestus des Trumpismus widerspricht.

Zudem gibt es kulturelle Unterschiede: In den USA gilt Patriotismus als positiv besetzter Wert, während in Europa der übersteigerte Nationalismus nach wie vor Skepsis weckt. Trump spricht das Bedürfnis nach nationaler Größe an – „Make America Great Again“ –, ein Slogan, der in Europa historisch schwerer zu vermitteln ist.

Gemeinsamer Nenner: Angst und Feindbild

Was Trump und die europäische extreme Rechte verbindet, ist das Feindbild des Fremden. Sowohl in den USA als auch in Europa wird Migration als Bedrohung inszeniert. „Der äußere Feind ist der kriminelle Migrant, der kommt, um zu rauben, zu vergewaltigen oder Krankheiten zu bringen“, beschreibt Chelle die Erzählung. Dieses Narrativ ist einfach, emotional und mobilisierend – ein zentrales Element des modernen Rechtspopulismus.

Trump hat dieses Narrativ zu einem politischen Werkzeug gemacht. Er benutzt es, um „Law and Order“ zu propagieren, Ängste zu schüren und sich selbst als Retter der Nation zu inszenieren. In Europa findet diese Rhetorik bei Politikern wie Giorgia Meloni, Marine Le Pen oder Viktor Orbán Anklang – auch wenn sie sie in den jeweiligen nationalen Kontext übersetzen.

Der Trumpismus als globales Symptom

Letztlich ist der Trumpismus weniger ein Exportprodukt als ein Symptom – Ausdruck einer weltweiten Krise des Vertrauens in Institutionen, Medien und politische Eliten. Er gedeiht dort, wo Menschen das Gefühl haben, nicht gehört oder nicht ernst genommen zu werden.

Doch der Versuch, Trumps Erfolgsrezept einfach zu kopieren, stößt an Grenzen. Ohne die amerikanische Bühne, die mediale Aufmerksamkeit und den Personenkult um die Präsidentschaft verliert der Stil an Wirkung. Trumpismus ohne Trump ist oft nur lauter Populismus – ohne Charisma, ohne Mythos, ohne Amerika.

Fazit

Der Trumpismus hat eine globale Sprache des Populismus geprägt – laut, einfach, konfrontativ. Doch er ist kein Exportgut, das sich beliebig übertragen lässt. In Europa wird er adaptiert, modifiziert und kulturell gefiltert. Was bleibt, ist die Erkenntnis: Trump hat die politische Kommunikation verändert – und ein neues Zeitalter der Personalisierung, Polarisierung und Provokation eingeläutet.

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