Ein schwerer Terrorangriff erschüttert Pakistan: Bewaffnete Separatisten haben im südwestlichen Bundesstaat Belutschistan einen Passagierzug überfallen und zahlreiche Geiseln genommen.
Die Baloch Liberation Army (BLA), eine militante Separatistengruppe, griff den Jaffar Express auf seiner Fahrt von Quetta nach Peshawar an. Die Angreifer sprengten die Gleise und eröffneten das Feuer, während der Zug in der abgelegenen Sibi-Region zum Stillstand kam. Nach Angaben des pakistanischen Militärs konnten bis Mittwochmorgen 104 Passagiere befreit und 16 Angreifer getötet werden.
Unter den Befreiten befinden sich auch 17 Verletzte, die in umliegende Krankenhäuser gebracht wurden. Die BLA hatte mit der Hinrichtung der Geiseln gedroht, sollte die Regierung nicht innerhalb von 48 Stunden politische Gefangene freilassen.
Dramatische Szenen im Zug: „Es war furchtbar“
„Ich finde keine Worte, um zu beschreiben, wie wir entkommen konnten. Es war furchtbar“, berichtete Muhammad Bilal, einer der geretteten Geiseln, der Nachrichtenagentur AFP. Ein anderer Passagier, der wegen eines Herzleidens freigelassen wurde, schilderte, dass Menschen panisch unter die Sitze krochen, als die Angreifer den Zug stürmten.
Nach ersten Berichten gelang es einer Gruppe von 80 Fahrgästen – darunter 11 Kinder, 26 Frauen und 43 Männer – den Zug zu verlassen und zu Fuß die nächste Bahnstation Panir zu erreichen.
Doch viele Angehörige bangen weiterhin um ihre Liebsten. Am Bahnhof in Quetta versammelten sich verzweifelte Familien, um Informationen zu erhalten. Muhammad Ashraf, dessen Vater sich im Zug befand, sagte der BBC Urdu, dass er seit Stunden keinen Kontakt mehr zu ihm habe.
Sicherheitskräfte im Einsatz – Separatisten drohen mit „schweren Konsequenzen“
Die pakistanische Armee setzte Hubschrauber und Spezialeinheiten ein, um die Geiseln zu retten. Doch die Angreifer hatten sich gut verschanzt: Laut einem hochrangigen Polizeibeamten sei der Zug weiterhin „kurz vor einem Tunnel, umgeben von Bergen“, blockiert.
Die BLA, die von Pakistan, den USA und Großbritannien als Terrororganisation eingestuft wird, kämpft seit Jahrzehnten für die Unabhängigkeit Belutschistans. Die Gruppe verübt immer wieder Angriffe auf Sicherheitskräfte, Bahnlinien und Infrastruktur.
„Jeder Versuch, unsere Geiseln zu befreien, wird schwerwiegende Folgen haben“, warnte ein Sprecher der Separatisten.
Die Situation bleibt angespannt – die Rettungskräfte setzen alles daran, die verbleibenden Passagiere zu evakuieren. Doch ohne Telefon- oder Internetverbindung in der Region bleibt es schwer, mit den Geiseln Kontakt aufzunehmen.
Hintergrund: Belutschistan – Reich an Rohstoffen, arm an Entwicklung
Belutschistan ist die größte Provinz Pakistans und besitzt enorme Bodenschätze – darunter Erdgas, Kupfer und Gold. Dennoch zählt die Region zu den wirtschaftlich am wenigsten entwickelten Teilen des Landes. Die Bevölkerung fühlt sich seit Jahren von der Zentralregierung in Islamabad benachteiligt, was immer wieder zu Spannungen und gewaltsamen Aufständen führt.
Die aktuellen Ereignisse zeigen erneut, wie fragil die Sicherheitslage in der Region ist – und wie sehr die Menschen dort zwischen wirtschaftlichen Interessen, politischer Vernachlässigung und brutalen Konflikten gefangen sind.
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