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Anbieter stehen in der Pflicht – nicht die Spieler

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Interview mit Rechtsanwalt Daniel Blazek zur Entscheidung des OLG Frankfurt über Erstattung von verlorenen Wetteinsätzen bei Spielsperren-Verstoß

Frage: Herr Blazek, das OLG Frankfurt hat entschieden, dass ein Sportwettenanbieter verlorene Einsätze erstatten muss, wenn der gesperrte Spieler trotz bestehender OASIS-Sperre spielen konnte. Ist das ein Urteil mit Signalwirkung?

Daniel Blazek: Ganz klar, ja. Die Entscheidung bestätigt, dass die gesetzlichen Schutzpflichten der Anbieter keine leeren Hülsen sind. Wer Spieler nicht aktiv auf Sperren prüft – obwohl er dazu gesetzlich verpflichtet ist – haftet für die Folgen. Das OLG stellt unmissverständlich klar: Die Verantwortung liegt beim Anbieter, nicht beim süchtigen Spieler.

Frage: Manche werden sagen: Der Spieler hat freiwillig gespielt – warum sollte er dann das Geld zurückbekommen?

Daniel Blazek: Weil das Gesetz das ausdrücklich so vorsieht. Wer sich selbst sperrt, will genau das: geschützt werden – auch vor sich selbst. Das ist kein Freifahrtschein, sondern ein ernsthafter Hilferuf. Die Anbieter profitieren wirtschaftlich massiv vom Glücksspielgeschäft – dafür haben sie aber auch klare Pflichten. Wer diese ignoriert, kann sich nicht auf das „eigene Verschulden“ des Spielers berufen.

Frage: Das betroffene Unternehmen hatte offenbar die Sperrdatei nicht abgefragt. Wie kann das im Jahr 2025 überhaupt noch passieren?

Daniel Blazek: Es passiert leider immer noch – entweder aus Nachlässigkeit oder, schlimmer, weil es bewusst in Kauf genommen wird. Die OASIS-Sperrdatei ist zentral, verpflichtend und technisch zugänglich. Wer sie nicht nutzt, tut das entweder aus wirtschaftlichem Kalkül oder organisatorischer Verantwortungslosigkeit. Beides ist inakzeptabel – rechtlich wie moralisch.

Frage: Müssen sich jetzt viele Anbieter auf Klagen von gesperrten Spielern einstellen?

Daniel Blazek: Ja, ich rechne damit. Die Rechtslage ist eindeutig. Jeder Spieler, der trotz OASIS-Sperre spielen konnte, kann seine Verluste zurückfordern – sofern er sie nachweisen kann. Die Hürden sind nicht unüberwindbar. Wer eine Sperre, den Ort und den Einsatz belegen kann, hat gute Chancen. Das Urteil dürfte viele aufhorchen lassen – auf Anbieter- wie auf Spielerseite.

Frage: Wird dieses Urteil auch auf Online-Wetten Auswirkungen haben?

Daniel Blazek: Absolut. Der Glücksspielstaatsvertrag unterscheidet nicht zwischen digitalem und stationärem Spiel. Auch im Netz müssen Anbieter die Sperrdatei abfragen – und zwar vor der Spielteilnahme, nicht erst danach. Versäumnisse können da schnell teuer werden. Anbieter sollten ihre Systeme dringend prüfen – wer heute noch „blind“ agiert, riskiert hohe Rückforderungen.

Frage: Was raten Sie betroffenen Spielern?

Daniel Blazek: Lassen Sie prüfen, ob Sie trotz bestehender OASIS-Sperre spielen konnten. Dokumentieren Sie, wann, wo und wie viel Sie verloren haben. Dann lohnt sich in vielen Fällen eine rechtliche Durchsetzung. Es geht nicht nur um Geld – es geht auch um den Schutz der Würde von suchtgefährdeten Menschen. Das Urteil ist ein Schritt in die richtige Richtung.

Frage: Vielen Dank für Ihre Einschätzung, Herr Blazek.

Daniel Blazek: Sehr gern.

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