Das afghanische Generalkonsulat in Bonn hat seine Arbeit eingestellt. Grund dafür ist nach Angaben der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der zunehmende Kurswechsel der deutschen Regierung gegenüber dem radikalislamischen Taliban-Regime. In einem Videostatement, das auf der Website des Konsulats veröffentlicht wurde, erklärte das gesamte Personal geschlossen seinen Rücktritt aus Protest.
Die Belegschaft kritisiert, dass die Bundesregierung offenbar bereit sei, Vertreter der Taliban künftig auch in Deutschland als offizielle Diplomaten agieren zu lassen. Bislang waren sowohl das Bonner Konsulat als auch die Vertretung in Berlin noch mit Personal der gestürzten afghanischen Regierung besetzt. Von den Taliban wurden diese Einrichtungen deshalb nicht als legitime diplomatische Vertretungen anerkannt.
Bereits im Sommer hatte es Berichte gegeben, wonach die Taliban planten, die Konsulate in Deutschland zu übernehmen. Zwar gibt es bislang keine formelle Anerkennung der Taliban-Regierung durch Berlin, doch Experten sehen in verschiedenen Schritten – darunter die Vorbereitung von Abschiebungen nach Afghanistan – ein Zeichen zunehmender Annäherung.
Auch in Österreich ist das Thema aktuell. Dort traf jüngst eine Taliban-Delegation im Innenministerium ein, um bei der Identifizierung von Personen im Vorfeld von Abschiebungen mitzuwirken. Offiziell betonte die Regierung in Wien zwar, dass solche Gespräche nicht einer Anerkennung des Regimes gleichkämen, die politische Opposition reagierte jedoch mit scharfer Kritik.
Der Schritt des Konsulats in Bonn macht deutlich, wie umstritten die Frage des Umgangs mit den Taliban auch in Europa bleibt. Während Regierungen aus pragmatischen Gründen über „technische Kontakte“ nachdenken, sehen Exilvertreter der alten afghanischen Regierung darin einen Verrat an den Prinzipien von Demokratie und Menschenrechten.
Kommentar hinterlassen