Wenn Nordkorea dieser Woche das 80-jährige Bestehen seiner herrschenden Partei feiert, wird die Welt wieder einmal genau hinschauen: Nicht nur wegen der pompösen Inszenierung, sondern auch wegen der Drohkulisse, die Machthaber Kim Jong Un zu senden beabsichtigt.
Alle Anzeichen deuten auf eine spektakuläre Militärparade in der Hauptstadt Pjöngjang hin – möglicherweise bei Nacht – mit zehntausenden Teilnehmern und modernstem Kriegsgerät. Auch hochrangige Delegationen aus China, Russland, Vietnam und Laos sind bereits eingetroffen. Für Kim geht es dabei um mehr als nationale Selbstvergewisserung: Es ist ein Signal an die Welt.
Geheime Vorbereitungen und außenpolitischer Glanz
Wie bei früheren Jubiläen hält sich das Regime bedeckt über konkrete Pläne – dennoch hat die südkoreanische Armee monatelange Vorbereitungen für eine Großveranstaltung registriert. Satellitenbilder deuten auf Proben für eine Massengymnastik hin.
Ein Höhepunkt wird die Präsentation neuer Waffensysteme sein. Analysten rechnen mit dem möglichen Auftritt des neuen Interkontinentalraketensystems Hwasong-20 sowie der hyperschallschnellen Rakete Hwasong-11Ma. Letztere ist offenbar Nordkoreas Version der russischen Iskander-Rakete und besitzt eine Reichweite von bis zu 800 Kilometern.
Kim im Schulterschluss mit Moskau und Peking
Die Parade markiert den jüngsten Schritt in Kims Strategie der außenpolitischen Aufwertung. Erst vor wenigen Wochen war er bei der Militärparade in Peking mit Chinas Staatschef Xi Jinping und Russlands Präsident Wladimir Putin aufgetreten – ein seltener Moment diplomatischer Nähe.
Seither ist das Bündnis mit Russland deutlich intensiver geworden: Nordkorea hat Berichten zufolge Tausende Soldaten, Raketen und Munition zur Unterstützung des russischen Krieges in der Ukraine geschickt. Nun entsendet Russland seinen früheren Präsidenten Dmitri Medwedew und China seinen Premier Li Qiang nach Pjöngjang – eine symbolträchtige Geste.
Militärische Bedrohung – und neue Technologien
Kim demonstriert aber nicht nur Bündnisse, sondern auch militärische Schlagkraft. Im September leitete er persönlich Tests einer neuen feststoffgetriebenen Raketentriebwerks – einem wichtigen Schritt zur Entwicklung schneller einsetzbarer Interkontinentalraketen.
Feststoffraketen gelten als schwerer zu orten und können innerhalb weniger Minuten gestartet werden. Neben den ballistischen Systemen soll Kim laut südkoreanischen Geheimdiensten auch fortschrittliche Waffentechnologie mit künstlicher Intelligenz, Drohnen und möglicherweise Cyberwaffen präsentieren.
„Die Parade wird weniger auf Masse als auf strategisch bedeutsame Systeme setzen“, sagt Hong Min, ein Sicherheitsexperte in Seoul.
Schatten über der Feier: Nukleare Warnung an die USA
In einer Rede vor wenigen Tagen warnte Kim explizit vor einer weiteren Militärpräsenz der USA in Südkorea. Er sprach von „speziellen Assets“, die auf Ziele in Südkorea und darüber hinaus gerichtet seien – vermutlich eine Anspielung auf taktische Nuklearwaffen, Hyperschallraketen oder KI-gesteuerte Drohnensysteme.
„Das Sicherheitssystem des Feindes muss sich ernsthafte Sorgen machen, in welche Richtung sich die Lage entwickelt“, so Kim. Analysten sehen in der Drohung eine klare Warnung an die US-Stützpunkte in Südkorea, darunter jene bei Osan und Busan.
Ein Schimmer Dialogbereitschaft?
Trotz der martialischen Inszenierung sendet Kim auch andere Signale: In einem Interview erinnerte er an seine früheren Treffen mit Donald Trump und sprach von „guten Erinnerungen“. Sollte Washington die Forderung nach Denuklearisierung aufgeben, sei er zu Gesprächen bereit.
Zufällig oder nicht: Ende des Monats findet in Südkorea der APEC-Gipfel statt. Donald Trump wird erwartet. Sollte es zu einem informellen Treffen kommen, wäre es das erste persönliche Gespräch zwischen Trump und Kim seit dem Scheitern der Verhandlungen 2019.
Strikte Kontrolle und totale Inszenierung
Journalisten, die an früheren Paraden teilnahmen, berichten von einem durchinszenierten Ablauf. Gäste werden oft auf eine Insel-Hotelanlage isoliert, bis sie mit Sicherheitseskorten zur Parade geleitet werden. Handys, Laptops – alles bleibt zurück.
„Wenn es losgeht, marschieren zehntausende Soldaten im Gleichschritt – mit dem berühmten Gänsemarsch“, erinnert sich CNN-Korrespondent Will Ripley an die Parade von 2015.
Fazit: Eine Parade als Machtbotschaft
Nordkoreas Feierlichkeiten zum 80. Jahrestag der Arbeiterpartei sind mehr als ein innenpolitisches Ritual. Sie sind ein gezieltes internationales Machtsignal – mit Blick auf Seoul, Washington und Peking zugleich.
Während die Parade Stärke suggeriert, bleibt das Land wirtschaftlich am Boden und international isoliert. Doch mit neuen Waffen, alten Verbündeten und einem potenziellen Trump-Gipfel in der Ferne versucht Kim, erneut auf die Weltbühne zu treten – diesmal mit festerem Tritt.
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