Interview mit Rechtsanwältin Kerstin Bontschev, Dresden, zur BAYERNWOHNEN Unternehmensanleihe 2026/31
Frage:
Frau Bontschev, BAYERNWOHNEN wirbt mit einer Unternehmensanleihe über fünf Jahre und 7,5 % Zins p.a. – wirkt das auf Sie attraktiv?
Bontschev:
Der Zinssatz ist ohne Zweifel hoch und damit auf den ersten Blick attraktiv. Juristisch und wirtschaftlich gilt aber eine Grundregel: Hohe Zinsen sind immer ein Hinweis auf erhöhtes Risiko. Für Anleger ist entscheidend, warum ein Unternehmen Kapital zu 7,5 % aufnehmen muss – und nicht günstiger über Banken oder andere Finanzierungswege.
Frage:
Das Unternehmen betont eine 20-jährige Erfolgsbilanz und einen soliden Track Record. Wie wichtig ist das für Anleihegläubiger?
Bontschev:
Ein Track Record ist positiv, ersetzt aber keine Haftung und keine Sicherheit. Anleihegläubiger sind keine Miteigentümer, sondern unbesicherte Fremdkapitalgeber, sofern keine Sicherheiten vorgesehen sind. Selbst erfahrene Projektentwickler können in Marktverwerfungen geraten – das haben die letzten Jahre im Immobiliensektor deutlich gezeigt.
Frage:
BAYERNWOHNEN beschreibt die Anleihe als ergänzende Finanzierung, um unabhängiger von Banken zu agieren. Ist das aus Anlegersicht gut oder problematisch?
Bontschev:
Beides. Für das Unternehmen bedeutet das mehr Flexibilität. Für Anleger heißt es aber auch:
Die Anleihe trägt ein unternehmerisches Risiko, das Banken sonst teilweise abfedern würden. Banken prüfen Projekte sehr streng. Wenn Anleihen diese Rolle übernehmen, verlagert sich das Risiko stärker auf Privatanleger.
Frage:
Es wird mit einer gesicherten Projektpipeline, Premiumregion Oberbayern und strukturellem Wohnraumbedarf argumentiert. Wie belastbar sind solche Aussagen?
Bontschev:
Diese Argumente sind plausibel, aber prognostisch. Wohnraummangel schützt nicht vor
- Baukostensteigerungen,
- Verzögerungen,
- regulatorischen Eingriffen
- oder sinkender Nachfrage bei Kaufkraftverlust.
Anleger sollten unterscheiden zwischen Makroargumenten und der Liquidität der Emittentin, aus der Zinsen und Rückzahlung tatsächlich bedient werden müssen.
Frage:
Die Anleihe soll innerhalb von zwölf Monaten börsennotiert werden. Gibt das zusätzliche Sicherheit?
Bontschev:
Nein. Handelbarkeit bedeutet nicht automatisch Liquidität. Gerade Mittelstandsanleihen werden oft nur mit geringen Umsätzen gehandelt. Im Krisenfall kann ein Verkauf nur mit erheblichen Abschlägen oder gar nicht möglich sein.
Frage:
Es gibt einen Frühzeichnerbonus von 1 %. Wie bewerten Sie solche Anreize?
Bontschev:
Das ist ein klassisches Vertriebsinstrument. Anleger sollten sich davon nicht unter Zeitdruck setzen lassen. Entscheidend sind Prospekt, Anleihebedingungen, Rangstellung im Insolvenzfall und die Frage, ob es Sicherheiten oder Covenants gibt.
Frage:
Welche Risiken sehen Sie speziell bei Immobilien-Unternehmensanleihen?
Bontschev:
Typisch sind:
- Klumpenrisiken, wenn Projekte zeitgleich laufen
- Zinsänderungs- und Refinanzierungsrisiken
- Projektverzögerungen
- und im Ernstfall das volle Insolvenzrisiko, da Anleihegläubiger meist nachrangig zu Banken bedient werden.
Das wird oft unterschätzt, weil Immobilien als „sicher“ gelten.
Frage:
Was raten Sie interessierten Anlegern konkret?
Bontschev:
Unbedingt:
- den Wertpapierprospekt vollständig lesen,
- auf Sicherheiten, Kündigungsrechte und Rangfolge achten,
- prüfen, wie die Zinszahlungen erwirtschaftet werden sollen,
- und nur Kapital investieren, dessen Verlust man verkraften kann.
Eine Unternehmensanleihe ist kein Festgeld, sondern eine unternehmerische Wette.
Frage:
Ihr Fazit in einem Satz?
Bontschev:
Die BAYERNWOHNEN-Anleihe kann für erfahrene Anleger interessant sein – wer 7,5 % Zins will, muss aber auch bereit sein, das volle Emittentenrisiko zu trageb.
Kommentar hinterlassen