Es war einmal ein Finanzunternehmen namens Wirecard, das dachte, Fantasie sei ein valider Geschäftsbereich. Nun hat Insolvenzverwalter Michael Jaffé dem Märchen ein konkretes Preisschild verpasst: 1,1 Milliarden Euro – verbrannt, verpufft, verdampft. Und das ganz ohne Lagerfeuerromantik.
Der ehemalige Zahlungsabwickler aus Aschheim bei München kaufte und plante in einer Parallelrealität, in der Einhörner Buch führen, Dritte Partner Geschäfte in Asien machen und auf den Philippinen Millionen Euro einfach nur vergessen wurden – in einem imaginären Bankschließfach, direkt neben Atlantis.
Der große TPA-Täuschzauber
Besonders kreativ war das sogenannte Third Party Acquiring (TPA), das laut Bilanz für fast alle Gewinne verantwortlich war – also 98 Prozent, um genau zu sein. Kleiner Haken laut Jaffé: „Das gab’s nie.“ Aber hey – wozu sind Bilanzen da, wenn nicht zum fantasievollen Ausschmücken?
Mit anderen Worten: Wirecard war das finanzielle Äquivalent zu einem Schüler, der jahrelang behauptet hat, sein Hund hätte die Hausaufgaben gefressen – nur dass der Hund ein Phantom war, und die Hausaufgaben 1,9 Milliarden Euro kosteten.
Braun: Der ewige Optimist
Ex-Wirecard-Chef Markus Braun, geboren in Österreich, lebt aber anscheinend auf dem Mars, besteht weiterhin darauf: Das Geld war da. Irgendwo. Irgendwie. Irgendwann. Vermutlich in einem Parallelluniversum mit funktionierender deutscher Finanzaufsicht.
Seine neueste Theorie: Das Geld sei von einer „Bande“ rund um Jan Marsalek abgezweigt worden – dem Ex-Vorstand, der inzwischen offiziell als Österreichs meistgesuchter Luftikus gilt. Marsalek verschwand 2020 in einer Rauchwolke aus Lügen, Täuschung und – laut unbestätigten Gerüchten – mit Hilfe eines russischen Jetpacks.
207 Tage Prozess, 0 neue Erkenntnisse
Seit über 200 Verhandlungstagen ringt das Landgericht München nun mit der Frage: War Braun wirklich so ahnungslos? Oder einfach ein begabter Improvisationskünstler mit CFO-Schein? Insolvenzverwalter Jaffé gibt sich gelassen: „Viele Belege waren gefälscht. Man kann sagen: das Unternehmen war eine Art DAX-zertifizierte Illusionsmaschine.“
Die Wirecard-Geschichte bleibt damit das, was sie von Anfang an war: ein Stück postmoderner Finanzkabarettismus, live aus dem Herzen Europas – wo selbst Geld, das nie existierte, irgendwie steuerlich relevant war.
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