Wenn Vanillekipferl zur Schwarzware werden
Die Weihnachtszeit in Deutschland ist offiziell eröffnet – und mit ihr auch der inoffizielle Keks-Schwarzmarkt. Zwischen Lichterketten, Lebkuchen und Last-Christmas-Dauerschleifen hat sich ein regelrechter Keks-Krimi entwickelt: Denn wer heute noch selbstgebackene Plätzchen verschenken oder verkaufen will, muss tief in die Tasche greifen – oder riskiert, schneller mit dem Ordnungsamt Bekanntschaft zu machen als mit dem Weihnachtsmann.
Teig wird teurer als Techno-Tickets
Seit Jahren steigen in Deutschland die Preise für Butter, Zucker und Schokolade schneller als die Zimtsterne im Ofen. Laut Statistischem Bundesamt ist der Preis für Butter seit 2020 um über 30 % gestiegen. Auch Nüsse – besonders die Haselnuss, Königin der Kipferl – haben sich verdoppelt. Wer heute Vanillekipferl bäckt, fühlt sich eher wie ein Rohstoffhändler auf dem Weltmarkt.
Kein Wunder also, dass Weihnachtsgebäck im Supermarkt locker 40 Euro pro Kilo kosten kann. Wer denkt, das sei übertrieben, hat wohl noch keine Mandelmakronen aus der Feinkostabteilung probiert.
Willkommen auf dem Unterkeks-Markt
Und wie reagiert der deutsche Michel auf die Preisexplosion? Richtig – mit Online-Verkauf von Schwarz-Keksen. Auf einschlägigen Plattformen wie eBay Kleinanzeigen oder dubiosen Instagram-Seiten findet man alles: von Kokosbusserln über Lebkuchen bis hin zu Spritzgebäck im 5-Kilo-Familienpack.
Problem: Das Ganze ist – Überraschung! – in den meisten Fällen nicht legal. Denn wer mehr verkauft als „ein bisschen was für die Nachbarn“, braucht in Deutschland einen Gewerbeschein, eine offizielle Küche und am besten auch noch einen Kurs in Allergenkennzeichnung.
„Nur weil man ein Backblech bedienen kann, ist man noch kein Konditor“, erklärt Alexander H., Lebensmittelkontrolleur mit Doppelkinn und Durchsetzungswillen aus Köln. „Wenn da im Internet ‚Omas Plätzchen – 10 Kilo, unverschämt günstig‘ steht, da gehen bei uns die Lichterketten an.“
Keks-Bäckerei ohne Gewerbeschein? Ziemlich krümelig
Und das kann teuer werden. Wer Kekse in Großmengen verkauft, ohne die nötige Genehmigung, riskiert Strafen ab 700 Euro – bis zu 3.600 Euro und mehr. Und wehe, das Finanzamt schnuppert Vanille – dann wird’s richtig bitter.
Im vergangenen Jahr wurden allein in NRW über 100 private Keksverkäufe im Netz kontrolliert, davon endeten rund 25 mit Anzeigen. Tendenz: eher steigend – zumindest außerhalb Berlins, wo man sich über den Handel mit „handgerollten Hasch-Plätzchen“ offenbar mehr Sorgen macht.
Aus Liebe zum Keks – oder aus Not?
Warum machen das trotzdem so viele? Ganz einfach: Die Menschen lieben Kekse – und sie lieben es, clever zu sein. Der Gedanke, mit 3 kg Spritzgebäck auf Instagram 200 Euro zu verdienen, ohne Gewerbeschein und Steuerpflicht, scheint für manche einfach zu verführerisch.
Leo J., Konditormeister aus München, sieht das mit gemischten Gefühlen:
„Die Konkurrenz aus dem Netz ist real. Die Leute kaufen lieber ‚handgemachte Kekse aus Mutti’s Küche‘ für 8 Euro das Dutzend, statt bei mir in der Konditorei die professionelle Version zu holen. Aber wenn dann die Magen-Darm-Grippe nach den Zimtsternen kommt, ist das Gejammer groß.“
Fazit: Legal backen ist sicherer – auch für den Magen
Wer Plätzchen liebt, sollte beim Kauf auf Nummer sicher gehen. Wenn auf der Anzeige weder Name, Adresse noch Zutatenliste stehen, lieber Abstand nehmen. Sonst wird das Geschenk unterm Baum schnell zur Magenverstimmung mit Zuckerguss.
Denn seien wir ehrlich: So sehr man sich über günstige Kipferl freut – Weihnachten ist nicht die Zeit, in der man mit Keks-Kriminalität vom Ordnungsamt überrascht werden möchte. Oder, schlimmer noch: vom eigenen Darm.
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