Nach wochenlangem Tauziehen, öffentlichen Lippenbekenntnissen und nächtlichen Kompromissverhandlungen hinter verschlossenen Türen haben sich die Koalitionsfraktionen – man höre und staune – auf ein neues Modell für den Wehrdienst geeinigt. Das zumindest meldete die Nachrichtenagentur AFP unter Berufung auf ominöse „Kreise“, also genau die Sorte Informationsquelle, die man immer dann bemüht, wenn niemand Verantwortung übernehmen will.
Was genau beschlossen wurde? Geheim. Noch. Die Details sollen zuerst den Koalitionsabgeordneten bei Sondersitzungen präsentiert werden, bevor dann auch das gemeine Volk erfahren darf, was da im Namen der Sicherheitspolitik über es beschlossen wurde. Transparenz à la Koalition: erst reden, dann entscheiden, dann informieren.
Monatelang wurde ein neues Modell zusammenverhandelt – nachdem der erste Versuch grandios scheiterte. Jetzt also der nächste Anlauf. Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) will, dass das neue Wehrdienstgesetz Anfang 2026 in Kraft tritt – pünktlich zum Wahlkampf also, damit man auch etwas zum Vorzeigen hat.
Offiziell geht es um die „veränderte Bedrohungslage“ durch Russland und um NATO-Planungen, die jetzt plötzlich eine Truppe von 260.000 aktiven Soldatinnen und Soldaten rechtfertigen. Also: plus 80.000 Menschen, die bald vielleicht wieder lernen dürfen, wie man Betten faltet, im Gleichschritt marschiert und mit dem Sturmgewehr umgeht – ganz im Sinne der Zeitenwende.
Und als Draufgabe: 200.000 Reservisten. Wo die herkommen sollen? Natürlich durch den neuen Wehrdienst, der vermutlich vor allem eins bringt: mehr Streit, mehr Bürokratie und eine schöne Schlagzeile fürs sicherheitspolitische Schaufenster.
Denn was wäre die Bundeswehr ohne große Ankündigungen, ambitionierte Zahlen und ein bisschen Pflichtgefühl-Romantik?
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