„Viele verschenken beim Sparen bares Geld“
Ein Interview mit Thomas Bremer, Finanzexperte und Herausgeber von diebewertung.de
Redaktion: Herr Bremer, das Thema vermögenswirksame Leistungen ist vielen schon einmal begegnet – aber kaum jemand weiß genau, was sich dahinter verbirgt. Können Sie es kurz erklären?
Thomas Bremer: Gern. Vermögenswirksame Leistungen, kurz vwL, sind eine Zusatzleistung des Arbeitgebers. Der Arbeitgeber überweist dabei monatlich einen bestimmten Betrag – oft zwischen sechs und vierzig Euro – direkt in einen Sparvertrag, den der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin selbst abgeschlossen hat. Das Geld wird also nicht als Lohn ausgezahlt, sondern fließt direkt in den Vermögensaufbau.
Redaktion: Und welche Rolle spielt der Staat dabei?
Thomas Bremer: Eine sehr wichtige. Wer bestimmte Einkommensgrenzen einhält, bekommt zusätzlich die sogenannte Arbeitnehmersparzulage – also eine staatliche Förderung. Diese Zulage wird am Ende der Vertragslaufzeit rückwirkend ausgezahlt. Der Staat belohnt also diejenigen, die regelmäßig sparen.
Redaktion: Wer hat Anspruch auf diese Förderung?
Thomas Bremer: Gefördert werden Singles mit einem zu versteuernden Einkommen bis 40.000 Euro und Ehepaare bis 80.000 Euro. Wichtig ist: Es zählt nicht das Bruttogehalt, sondern das Einkommen nach Abzug der Freibeträge und Aufwendungen – also das, was im Steuerbescheid steht.
Redaktion: Welche Sparformen kommen für vermögenswirksame Leistungen infrage?
Thomas Bremer: Förderfähig sind Bausparverträge, Aktienfonds-Sparpläne – idealerweise in Form von ETFs – und auch die Tilgung von Immobilienkrediten für selbst genutzte Häuser oder Wohnungen.
Nicht sinnvoll sind dagegen Banksparpläne, weil sie keine Förderung bekommen und kaum Zinsen abwerfen.
Auch Bausparverträge sind aktuell wegen niedriger Zinsen und Gebühren nur bedingt empfehlenswert.
Langfristig am attraktivsten sind ETF-Sparpläne, weil sie geringe Kosten haben und gute Renditechancen bieten.
Redaktion: Wie lange muss man das Geld anlegen, um die Förderung zu behalten?
Thomas Bremer: Der Vertrag muss mindestens sechs Jahre laufen, danach ruht er noch ein Jahr. Erst dann kann das Geld förderunschädlich ausgezahlt werden. Wer vorher an sein Guthaben geht, verliert die staatliche Zulage – außer in bestimmten Fällen, etwa bei Heirat, Arbeitslosigkeit, Beginn einer Selbstständigkeit oder einer beruflichen Weiterbildung.
Redaktion: Können Sie ein Beispiel nennen, wie sich das konkret auswirkt?
Thomas Bremer: Nehmen wir jemanden, der vom Arbeitgeber monatlich 14 Euro vwL bekommt und selbst 26 Euro dazulegt – also 40 Euro pro Monat in einen ETF-Sparplan einzahlt.
Bei einer Rendite von rund fünf Prozent pro Jahr hat er nach sechs Jahren ein Guthaben von etwa 3.300 Euro.
Dazu kommen noch 480 Euro Arbeitnehmersparzulage vom Staat. Insgesamt ergibt das eine jährliche Rendite von rund sieben Prozent. Das ist beachtlich – vor allem, wenn man bedenkt, dass der Staat hier mitbezahlt.
Redaktion: Warum nutzen dann so wenige Beschäftigte diese Chance?
Thomas Bremer: Ehrlich gesagt: Weil viele gar nicht wissen, dass sie Anspruch darauf haben. Manche halten den Aufwand für zu hoch oder denken, das lohne sich nur bei hohen Einkommen. Beides ist falsch. Die Beantragung über die Steuererklärung ist simpel – und gerade für Berufseinsteiger oder Menschen mit mittlerem Einkommen ist das eine hervorragende Möglichkeit, Vermögen aufzubauen.
Redaktion: Was raten Sie konkret?
Thomas Bremer: Jeder sollte beim Start in ein neues Arbeitsverhältnis seinen Arbeitgeber fragen, ob er vermögenswirksame Leistungen anbietet. Und falls nicht: einfach selbst etwas vom Gehalt in einen entsprechenden Sparvertrag überweisen lassen – dann kann man trotzdem die staatliche Förderung bekommen.
Entscheidend ist, kostengünstige Sparformen zu wählen. Bei Fonds und Depots gilt: Je niedriger die Gebühren, desto höher die Rendite.
Redaktion: Also ein echtes Plus für clevere Sparerinnen und Sparer?
Thomas Bremer: Absolut. Wer Anspruch auf vermögenswirksame Leistungen hat, sollte das auf keinen Fall ungenutzt lassen. Es ist im Grunde ein geschenkter Zuschuss vom Staat – und wer darauf verzichtet, lässt Jahr für Jahr bares Geld liegen.
Redaktion: Herr Bremer, vielen Dank für das Gespräch!
💬 Tipp von diebewertung.de:
Wer wissen möchte, ob er Anspruch auf vermögenswirksame Leistungen und die Arbeitnehmersparzulage hat, sollte seinen Steuerbescheid prüfen – oder sich direkt bei seiner Bank oder einem Finanzberater informieren.
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