Mit einem einzigen Satz brachte Donald Trump die Finanzmärkte erneut ins Wanken: „Wenn wir kein gutes Abkommen bekommen, dann gehen wir zurück zu dem, wo wir vorher waren.“ Der ehemalige US-Präsident, derzeit erneut im Wahlkampfmodus, scheint seine Zollpolitik nicht nur als wirtschaftliches Werkzeug, sondern auch als geopolitisches Druckmittel einzusetzen – koste es, was es wolle.
Am Donnerstag bestätigte das Weiße Haus, dass auf chinesische Importe nun ein Gesamtzollsatz von 145 % erhoben wird. Dieser setzt sich aus einem neu verhängten 125 %-Zoll und einer bereits bestehenden 20 %-Abgabe zusammen. Zum Vergleich: Für Kanada und Mexiko gelten weiterhin „nur“ 25 % – ein Streitpunkt, der auch dort für diplomatische Spannungen sorgt.
“Sie haben uns ausgeraubt” – Trump über China
Trump zeigte sich in seiner gewohnt konfrontativen Tonlage: „China hat uns über Jahrzehnte ausgeraubt. Niemand hat uns je so betrogen wie sie.“ Gleichzeitig betonte er, er „würde liebend gerne ein Abkommen mit China schließen“. Doch wie realistisch das noch ist, bleibt unklar – der Ton ist rau, die Fronten sind verhärtet, und Peking hat mit einem 84 %-Gegenzoll auf US-Produkte bereits reagiert.
Zölle, Tweets und Tumulte
Am Mittwoch hatte Trump überraschend eine 90-tägige Zollpause für Länder verhängt, die nicht mit Vergeltungsmaßnahmen auf seine jüngsten Strafzölle reagiert hatten. Die Märkte reagierten euphorisch – die US-Börsen erlebten ihren drittgrößten Tagesgewinn seit dem Zweiten Weltkrieg. Doch nur einen Tag später kam der Absturz: Der Dow Jones verlor über 1.000 Punkte, der Nasdaq stürzte um mehr als 4 % ab.
„Das ist nicht nur chaotisch – es ist verrückt“, kommentierte ING-Volkswirt Carsten Brzeski. Wirtschaftsexperten sprechen von einem riskanten Kurs, der Investoren verunsichert und globale Lieferketten bedroht.
“Schöne Sache” mit Nebenwirkungen
Trump selbst spricht von „Übergangskosten“, doch er bleibt überzeugt: „Am Ende wird es eine wunderschöne Sache.“ Die Realität sieht anders aus. Die Preise für Alltagsprodukte – von Kleidung über Elektronik bis hin zu Lebensmitteln – steigen rasant. Laut Moody’s-Chefökonom Mark Zandi liegt die Wahrscheinlichkeit einer Rezession bei 90 %.
Vor allem Verbraucher und Landwirte spüren bereits die Auswirkungen. Die amerikanische Sojabohnen-Vereinigung warnt vor einem massiven Einbruch ihrer Exporte. Landwirtschaftsministerin Brooke Rollins kündigte mögliche Hilfspakete an – falls es nicht schlimmer wird.
Kritik und Fragen nach Ethik
Trumps zeitlich auffällige Ankündigung der Zollpause sorgte auch politisch für Aufsehen: Nur vier Stunden zuvor hatte er in einem Social-Media-Post erklärt: „THIS IS A GREAT TIME TO BUY!!! DJT” – was einige Aktienkurse, darunter Tesla, sprunghaft steigen ließ. Demokratische Senatoren warfen dem Präsidenten daraufhin mögliche Marktmanipulation und Interessenskonflikte vor.
Ein Handelskrieg ohne Plan?
„Er versucht, das Ganze als Teil von The Art of the Deal zu verkaufen“, meint Finanzprofessor Peter Ricchiuti von der Tulane University. „Aber in Wirklichkeit gibt es keinen strategischen Plan – nur Reaktionen auf Marktpanik.“
Auch die EU beobachtet das Geschehen mit Skepsis. Geplante Vergeltungszölle auf US-Produkte wie Mais, Hühnerfleisch und Kleidung wurden nun für 90 Tage ausgesetzt – abwarten, ob das nur eine Atempause ist oder der Beginn eines neuen diplomatischen Tauziehens.
Fazit: Die 90-tägige Zollpause wirkt eher wie ein kurzes Innehalten im Sturm – kein Umdenken. Die Eskalation mit China, mögliche Sanktionen gegen Mexiko und ein zunehmend nervöser Aktienmarkt zeichnen ein Bild von Unsicherheit und Improvisation. Und während Trump die nächste Runde im Handelskrieg vorbereitet, bleibt die Frage offen, wer am Ende wirklich gewinnt – oder ob alle verlieren.
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