Nach monatelanger wirtschaftlicher Debatte und wachsendem politischem Druck durch US-Präsident Donald Trump steht die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) kurz davor, am Mittwoch ihre Leitzinsen um 0,25 Prozentpunkte zu senken – auf eine Spanne zwischen 4,00 % und 4,25 %. Damit läge der Leitzins auf dem niedrigsten Stand seit Ende 2022.
Der Schritt gilt als Auftakt für eine Serie weiterer Zinssenkungen, mit denen die Fed auf eine Abkühlung des Arbeitsmarktes reagieren will.
Arbeitsmarkt bereitet Sorge – Inflation bleibt über Zielwert
Zwar ist die Inflation, die nach der Pandemie stark gestiegen war, inzwischen deutlich zurückgegangen, liegt mit 2,9 % im Jahresvergleich aber noch über dem angestrebten Ziel von 2 %.
Viel gravierender wirkt derzeit jedoch die Entwicklung am Arbeitsmarkt: Im Juni verzeichneten die USA den ersten Stellenrückgang seit 2020, und auch im Juli und August fielen die Jobzuwächse schwach aus. Die Fed will daher offenbar vermeiden, mit weiterhin hohen Zinsen die Konjunktur zusätzlich zu bremsen.
„Wenn sich der Arbeitsmarkt abschwächt, geht es oft sehr schnell. Die Fed will nicht gleichzeitig bremsen, wenn der Motor schon stottert“, sagte Sarah House, Chefvolkswirtin bei Wells Fargo.
Trump fordert massive Zinssenkung – und greift Fed-Chef Powell an
Trotz des geldpolitischen Signals dürfte die geplante Senkung nicht ausreichen, um Präsident Trump zufriedenzustellen. Er fordert seit Monaten eine deutlich aggressivere Lockerung – Zinsen bei 1 % seien seiner Ansicht nach notwendig, um Wirtschaft und Immobilienmarkt anzukurbeln.
In sozialen Netzwerken bezeichnete Trump Fed-Chef Jerome Powell zuletzt als „richtigen Dummkopf“ und schrieb in Großbuchstaben: „ZU SPÄT – ZINSEN MÜSSEN JETZT GESENKT WERDEN UND STÄRKER ALS GEPLANT. WOHNUNGSBAU WIRD EXPLODIEREN!!!“
Politischer Druck auf die Fed – Sorge um Unabhängigkeit wächst
Trumps Einflussnahme beschränkt sich nicht nur auf Tweets:
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Er hat kurzfristig seinen Wirtschaftsberater Stephen Miran in den Vorstand der Fed berufen, um Einfluss auf die Entscheidung in dieser Woche zu nehmen.
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Gleichzeitig versucht seine Regierung, Fed-Vorständin Lisa Cook juristisch aus dem Amt zu entfernen.
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Zudem droht er mit Untersuchungen gegen Powell und hatte mehrfach öffentlich über eine Entlassung des Fed-Chefs spekuliert.
Kritiker sprechen von einem beispiellosen Angriff auf die Unabhängigkeit der US-Notenbank.
Analysten: Entscheidung wäre auch ohne Druck gefallen
Finanzanalysten gehen allerdings davon aus, dass die Fed unabhängig vom politischen Druck gehandelt hätte. „Trumps Wirtschaftspolitik ist mitverantwortlich für die Lage – aber seine Rhetorik hat auf die Fed-Entscheidung wenig Einfluss“, meint Art Hogan, Marktstratege bei B. Riley Wealth.
Ausblick: Weitere Zinssenkungen möglich
Die aktuelle Zinssenkung dürfte nicht die letzte bleiben. Analysten rechnen bis Jahresende mit weiteren Lockerungen um bis zu 0,75 Prozentpunkte, insbesondere wenn sich der Arbeitsmarkt weiter abschwächt.
Ob das genügt, um Präsident Trump zufriedenzustellen – oder ob die Fed weiter unter politischem Dauerfeuer steht – bleibt abzuwarten.
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