Im Fall der tödlichen Polizeirazzia, bei der Breonna Taylor im März 2020 in ihrer Wohnung erschossen wurde, hat das US-Justizministerium für den ehemaligen Polizeibeamten Brett Hankison eine Haftstrafe von nur einem Tag empfohlen. Dies geht aus einem am 16. Juli eingereichten Memorandum des Ministeriums hervor.
Hankison, ehemaliger Beamter des Louisville Metro Police Department, war wegen der Verletzung von Taylors verfassungsmäßigen Rechten im Zuge der fehlgeschlagenen Drogenrazzia verurteilt worden. Obwohl keiner seiner zehn Schüsse Taylor oder die Nachbarn traf, durchschlugen drei Projektile eine angrenzende Wohnung, in der sich ein Mann, eine schwangere Frau und ein fünfjähriges Kind aufhielten.
Ein Vorbericht des US-Probewesens empfahl eine Haftstrafe zwischen rund 11 und 14 Jahren. Das Justizministerium bewertete diese Empfehlung jedoch als „überhöht“ und schlug stattdessen eine drastische Reduzierung vor: einen einzigen Hafttag – als bereits verbüßt geltend – sowie drei Jahre unter Bewährungsaufsicht.
Ein einzigartiger Fall – mit umstrittener Verfolgung
Das Justizministerium wies in seinem Schreiben darauf hin, dass es „keinen vergleichbaren Fall“ kenne, in dem ein Polizist wegen einer mutmaßlichen Verletzung des Vierten Verfassungszusatzes strafrechtlich verfolgt wurde, obwohl keine Personen verletzt wurden. Das Memo respektiere zwar das Juryurteil, betone aber, dass eine langjährige Haftstrafe in diesem Fall „unverhältnismäßig“ sei.
Darüber hinaus äußert das Memo Zweifel, ob die Anklage gegen Hankison überhaupt hätte erhoben werden sollen. Man könne darüber streiten, ob sein Verhalten überhaupt als „staatlicher Eingriff“ im Sinne des Vierten Zusatzartikels zu werten sei. Die Verfasser des Schreibens – Robert J. Keenum und Harmeet Dhillon vom Justizministerium – waren nicht Teil des ursprünglichen Anklageteams. Dhillon wurde von Präsident Donald Trump in seiner zweiten Amtszeit ins Amt berufen.
Hintergrund: Razzia mit tödlichem Ausgang
Breonna Taylor, 26, war am 13. März 2020 gegen 0:40 Uhr in ihrer Wohnung, als Polizeibeamte in Zivil im Rahmen einer Drogenuntersuchung gewaltsam eintraten. Ihr damaliger Freund, Kenneth Walker, glaubte laut eigener Aussage, es handle sich um einen Einbruch, und schoss auf einen Beamten. Die Beamten erwiderten das Feuer, wobei Taylor tödlich getroffen wurde.
Hankison war der einzige Beamte, der wegen der Schüsse strafrechtlich belangt und letztlich im zweiten Verfahren – nach einem ersten Fehlprozess 2023 – verurteilt wurde. Der Vorwurf, die Rechte der Nachbarn verletzt zu haben, wurde hingegen fallengelassen. Die Untersuchung zur Rechtmäßigkeit des Durchsuchungsbefehls ist weiterhin im Gange.
Eine Stellungnahme von Taylors Familie oder deren Vertreter lag zum Redaktionsschluss noch nicht vor.
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