Nach einem der besten Börsentage der US-Geschichte kehrt an den Finanzmärkten die Ernüchterung zurück. Trotz der überraschenden Ankündigung von Präsident Donald Trump, die sogenannten „reziproken“ Zölle für 90 Tage auszusetzen, zeigen sich die Börsen am Donnerstag erneut schwach. Analysten sprechen von einem Rückfall in die Realität – und warnen vor einer möglichen Rezession.
Erleichterung währt nur kurz
Am Mittwoch hatte der Dow Jones Industrial Average fast 3.000 Punkte zugelegt, der S&P 500 verzeichnete den besten Tag seit 2008, der Nasdaq die zweitbeste Tagesperformance seiner Geschichte. Doch bereits am Donnerstagmorgen dreht sich die Stimmung: Der Dow droht zum Handelsstart um mehr als 500 Punkte zu fallen, die Futures von S&P 500 und Nasdaq liegen ebenfalls deutlich im Minus.
Grund für den Umschwung: Trumps Zollpause betrifft nur einen Teil der Handelspartner – China bleibt weiterhin im Visier. Zudem bleiben viele bereits eingeführte Strafzölle bestehen, etwa auf Stahl, Aluminium, Autos, Arzneimittel und Elektronikprodukte. Die wirtschaftlichen Schäden sind laut Ökonomen bereits eingetreten – ein bloßes Innehalten sei nicht genug, um die drohende Weltrezession abzuwenden.
China reagiert mit Vergeltung – Fronten verhärtet
Während Trump gegenüber der EU und anderen Ländern zurückrudert, verschärft er den Handelskonflikt mit China: Die Zölle auf chinesische Importe wurden auf 125 % angehoben. China antwortete prompt mit 84 % Strafzöllen auf US-Produkte, Einschränkungen für US-Firmen und einer Reduktion amerikanischer Filme auf dem chinesischen Markt.
Ein Sprecher des chinesischen Handelsministeriums erklärte: „Das Gesprächsangebot bleibt bestehen, aber nur auf Basis gegenseitigen Respekts.“ Gleichzeitig warnte Peking vor weiterer Eskalation: „Druck, Drohungen und Erpressung sind der falsche Weg.“
Rezessionsängste wachsen – Experten sehen anhaltende Risiken
Obwohl Trump mit seiner Teil-Rücknahme der Zölle für Entspannung sorgen wollte, sind führende Finanzhäuser weiter pessimistisch:
-
Goldman Sachs sieht weiterhin eine 50/50-Chance für eine US-Rezession.
-
JPMorgan hält sogar eine 60 % Wahrscheinlichkeit für eine globale Rezession für realistisch.
-
Der Ökonom Joe Brusuelas erklärte: „Der Schaden ist angerichtet – die Maßnahmen verschieben nur das Unvermeidliche.“
Auch die Anleihemärkte senden Warnsignale: Die Rendite der 10-jährigen US-Staatsanleihe liegt bei 4,3 %, was auf eine anhaltende Nervosität unter Anlegern hinweist.
Rohstoffpreise unter Druck – Öl fällt weiter
Die Ölpreise bleiben ebenfalls unter Druck. Der US-Ölpreis fiel auf etwa 60 Dollar pro Barrel, Brent-Öl notierte bei rund 63 Dollar – beide Werte liegen deutlich unter den Vorwochenständen. Analysten machen auch hier die Unsicherheit über Handelswege und globale Nachfrage verantwortlich.
Globale Märkte reagieren gemischt – Europa atmet auf
Während die US-Börsen nachgeben, zeigen sich die asiatischen und europäischen Märkte optimistischer. Die Hoffnung auf eine Entschärfung des globalen Handelskonflikts sorgte für kräftige Kursgewinne:
-
Nikkei 225 in Japan: +9 %
-
Kospi in Südkorea: +6,6 %
-
Hang Seng in Hongkong: +2,1 %
-
DAX in Deutschland: +5,8 %
-
FTSE 100 in London: +7 %
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen begrüßte Trumps Schritt als „wichtigen Beitrag zur Stabilisierung der Weltwirtschaft“ und forderte klare, verlässliche Bedingungen für Handel und Lieferketten.
Fazit: Märkte zwischen Hoffnung und Misstrauen
Trumps Rückzieher bei den Zöllen hat kurzfristig für Entlastung gesorgt – doch die fundamentale Unsicherheit über seine Handelspolitik, insbesondere gegenüber China, bleibt bestehen. Die wirtschaftlichen Folgen sind bereits spürbar, und viele Analysten sehen die USA und die Weltwirtschaft weiterhin auf einem kritischen Kurs in Richtung Abschwung.
Kommentar hinterlassen