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Urheberrechtsstreit vor dem Supreme Court: Milliardenklage gegen US-Internetdienstleister Cox

TheDigitalArtist (CC0), Pixabay
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Ein milliardenschwerer Rechtsstreit zwischen der Musikindustrie und dem US-Internetdienstleister Cox Communications landet vor dem Obersten Gerichtshof der Vereinigten Staaten. Der Fall, der bereits 2019 in einem Rekord-Urteil mündete, könnte tiefgreifende Auswirkungen auf die Rechte von Internetnutzern und die Verantwortung von Internetanbietern haben.

Hintergrund: Milliardenstrafe wegen Beihilfe zur Musikpiraterie

Cox Communications wurde 2019 von einem Geschworenengericht zur Zahlung von 1 Milliarde US-Dollar Schadenersatz verurteilt. Kläger waren unter anderem Sony Music Entertainment und über 50 weitere Musiklabels. Der Vorwurf: Cox habe es versäumt, Maßnahmen gegen wiederholte Urheberrechtsverletzungen seiner Kunden zu ergreifen und ihnen weiterhin Zugang zum Internet gewährt.

Die Musikindustrie wirft dem Unternehmen vor, rund 60.000 Kunden hätten über das Cox-Netz mehr als 10.000 urheberrechtlich geschützte Werke illegal verbreitet, was der Branche jährlich Milliardenverluste verursache.

Supreme Court prüft Verantwortung der Provider

Die Strafe wurde später vom 4. US-Berufungsgericht in Richmond teilweise aufgehoben und ein neuer Prozess angeordnet. Der Supreme Court hat nun beschlossen, nur Cox‘ Berufung zu prüfen – konkret, ob das Unternehmen für „wesentliche Beihilfe zur Urheberrechtsverletzung“ haftbar gemacht werden kann, obwohl es nicht aktiv an der Piraterie beteiligt war.

Cox argumentiert, dass Internetanbieter nicht die Aufgabe hätten, als „Internetpolizei“ aufzutreten. Das Unternehmen verweist auf die Praxis, automatisierte Hinweise der Musikindustrie zu erhalten, wenn ein Nutzer möglicherweise illegale Inhalte teilt – doch diese basieren oft nur auf IP-Adressen und nicht identifizierten Nutzern. Cox warnt vor einem gefährlichen Präzedenzfall: Ein zu strenger Haftungsmaßstab könne dazu führen, dass Internetanschlüsse in Haushalten, Krankenhäusern oder Kasernen allein aufgrund unbestätigter Vorwürfe abgeschaltet werden müssten.

Unterstützung für Cox von Justizministerium, Google und ACLU

Cox erhält überraschend breite Unterstützung – darunter vom US-Justizministerium, der American Civil Liberties Union (ACLU) und Tech-Unternehmen wie Google und X (ehemals Twitter). Sie warnen vor Einschränkungen der Meinungsfreiheit und vor dem Risiko, dass unschuldige Nutzer kollektiv bestraft werden könnten.

„Eltern könnten den Internetzugang verlieren, weil ihr Kind oder ein Freund des Kindes etwas heruntergeladen hat“, heißt es in einem gemeinsamen Schreiben der Unterstützer.

Musikindustrie kontert: Cox habe kaum Maßnahmen ergriffen

Die Musikindustrie sieht die Argumente von Cox als überzogen und beschuldigt das Unternehmen, absichtlich untätig geblieben zu sein, um zahlende Kunden nicht zu verlieren. So soll zu Hochzeiten Peer-to-Peer-Tauschbörsen 21 % des gesamten Netzwerkverkehrs bei Cox ausgemacht haben.

Ein internes Cox-Memo wird besonders hervorgehoben, in dem ein Manager zur Durchsetzung des US-Urheberrechtsgesetzes (DMCA) schrieb: „F the DMCA!!!“

Die Unterhaltungsbranche betont, sie habe jahrelang versucht, auf anderem Wege Kooperationen mit Providern zu erreichen. Da Unternehmen wie Cox sich aus den Gesprächen zurückgezogen hätten, habe man gerichtliche Schritte als letzten Ausweg gesehen.

„Cox wurde nicht bestraft, weil es von den Verstößen wusste“, so die Kläger, „sondern weil es bewusst keine Gegenmaßnahmen ergriffen hat, um weiter von den zahlenden Nutzern zu profitieren.“

Entscheidung mit weitreichenden Folgen

Die Entscheidung des Supreme Court – erwartet in den kommenden Monaten – könnte grundsätzliche Bedeutung für die Haftung von Internetanbietern haben. Beobachter sprechen von einem Fall mit Signalwirkung für die gesamte digitale Infrastruktur: Zwischen dem Schutz kreativer Inhalte und der Freiheit des Netzes steht nun das höchste US-Gericht.

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