Die USA galten lange als der treueste Verbündete Israels – moralisch, politisch und militärisch. Doch die jüngsten Entwicklungen zeigen: Diese Loyalität beginnt zu bröckeln. Nicht unbedingt auf Regierungsebene, aber in der amerikanischen Bevölkerung vollzieht sich ein spürbarer Wandel – vor allem unter jüngeren Menschen und progressiven Wählern.
Ein Bruch mit Traditionen
Schon im Februar dieses Jahres sorgte Donald Trump erneut für Aufsehen, als er gemeinsam mit Israels Premierminister Benjamin Netanjahu auftrat. Der frühere US-Präsident kündigte an, die USA würden sich „der Kontrolle über den Gazastreifen annehmen“ – ein beispielloser Vorschlag, der internationalen Normen und dem Völkerrecht widerspricht. Es war ein Symbol für das, was viele als „bedingungslose Unterstützung“ der Republikaner für Israel beschreiben.
Biden unter Druck
Gleichzeitig sah sich Präsident Joe Biden wachsendem Druck von der eigenen Basis ausgesetzt. Nach den Hamas-Angriffen am 7. Oktober 2023 und der israelischen Gegenoffensive in Gaza wurde er als „Genocide Joe“ beschimpft – ein Vorwurf, den er entschieden zurückwies. Trotzdem: Die Waffenhilfe an Israel, die unter seiner Führung einen historischen Höchststand von 18 Milliarden Dollar erreichte, hat bei vielen Demokraten Empörung ausgelöst.
Abkühlung der öffentlichen Meinung
Laut einer Gallup-Umfrage vom März 2025 unterstützen nur noch 46 % der Amerikaner Israel – ein 25-Jahres-Tief. Gleichzeitig stieg die Sympathie für die Palästinenser auf ein Rekordhoch von 33 %. Besonders junge Menschen und Wähler mit demokratischer Orientierung zeigen sich zunehmend kritisch. Auch unter jüngeren Republikanern sinkt die Zustimmung – ein Trend, den man vor wenigen Jahren kaum für möglich gehalten hätte.
Ein Rückblick: Wie begann die Allianz?
1948 war es US-Präsident Harry S. Truman, der den neu gegründeten Staat Israel als erstes Land weltweit anerkannte – gegen den Widerstand seiner Berater. Diese Entscheidung war von Mitgefühl für Holocaust-Überlebende geprägt, aber auch politisch hochriskant. Seither entwickelte sich eine Partnerschaft, die durch den Sechstagekrieg 1967 und Israels militärische Erfolge nochmals gestärkt wurde. Israel wurde zum größten Empfänger amerikanischer Militärhilfe weltweit.
Das Image Israels im Wandel
Doch das heutige Israel unter Netanjahu ist nicht mehr das gleiche Land, das in den 1960er-Jahren als wehrhafter Underdog galt. Die internationale Kritik an der israelischen Politik in den besetzten Gebieten, an den Justizreformen und am Rechtsruck innerhalb des Landes wächst – und spiegelt sich in der veränderten Wahrnehmung innerhalb der USA wider.
Ein Thinktank aus Tel Aviv veröffentlichte im März 2025 eine Studie, in der gewarnt wurde, dass die US-Unterstützung für Israel in die „Gefahrenzone“ geraten sei – nicht auf Regierungsebene, aber tief verankert im öffentlichen Bewusstsein.
Zwei Demokratien im inneren Konflikt
Jake Sullivan, ehemaliger Sicherheitsberater von Biden, erklärte kürzlich, dass die Entwicklung der US-Israel-Beziehungen weniger eine Frage der Außenpolitik sei als eine der inneren politischen Dynamik. Beide Länder hätten mit Erosionen ihrer demokratischen Institutionen zu kämpfen – und dieser Kampf präge auch ihre Beziehung zueinander.
Was bedeutet das für die Zukunft?
Trotz sinkender Zustimmung in der Bevölkerung bleibt die politische Unterstützung für Israel auf dem Capitol Hill parteiübergreifend stark. Doch Analysten wie Dennis Ross – Architekt des Oslo-Friedensprozesses – glauben, dass ein politischer Machtwechsel in Israel (weg von Netanjahu, hin zu einer gemäßigten Regierung) auch die Beziehungen zu den USA entspannen könnte.
Andere, wie die ehemalige US-Beamtin Karin Von Hippel, sehen die Zukunft nüchterner: Auch wenn junge Amerikaner, inklusive jüdischer, Israel kritischer sehen als frühere Generationen, sei ein Politikwechsel in Washington kurzfristig unwahrscheinlich. Zu stark seien die klassischen Pro-Israel-Kräfte, auch unter den potenziellen demokratischen Präsidentschaftskandidaten.
Fazit: Eine Beziehung im Umbruch
Die Beziehung zwischen den USA und Israel ist nicht am Ende – aber sie verändert sich. Langfristig könnte das mehr sein als ein Stimmungsbild: Es könnte die Grundlage für eine Neujustierung der amerikanischen Nahostpolitik werden. Wie schnell und wie tiefgreifend dieser Wandel ausfällt, hängt nicht zuletzt davon ab, wie beide Länder ihre inneren Konflikte lösen – und welche Generation in Washington das nächste Wort haben wird.
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