Der Luftschlag der US-Armee auf ein mutmaßliches Drogenboot am 2. September 2025, bei dem elf Menschen ums Leben kamen, sorgt weiterhin für Diskussionen – vor allem wegen der sogenannten „Double-Tap“-Taktik, bei der Überlebende eines ersten Angriffs in späteren Angriffen gezielt getötet wurden.
Wie Admiral Frank Bradley, damaliger Kommandeur des Joint Special Operations Command, am Donnerstag gegenüber US-Abgeordneten erklärte, sollte das angegriffene Boot nicht direkt in die USA, sondern zu einem größeren Schiff fahren, das auf dem Weg nach Suriname war – ein kleiner Staat in Südamerika östlich von Venezuela.
Laut Bradley wollten die mutmaßlichen Drogenschmuggler auf hoher See Drogen an das zweite Schiff übergeben. Auch wenn dieses zweite Schiff nie lokalisiert werden konnte, verteidigte Bradley die Operation: Die Drogen hätten trotzdem über Umwege – beispielsweise über Suriname – letztlich die USA erreichen können. Das reiche aus, um den Einsatz als gerechtfertigt darzustellen, so Bradley laut informierten Quellen.
Widersprüchliche Aussagen aus Regierungskreisen
Während Bradley von einem Drogenkurs Richtung Suriname sprach, hatte Präsident Donald Trump nach dem Angriff öffentlich erklärt, das Boot sei „auf dem Weg in die Vereinigten Staaten“ gewesen. Außenminister Marco Rubio sagte dagegen, es sei „wahrscheinlich auf dem Weg nach Trinidad oder einem anderen Karibikstaat“ gewesen.
US-Drogenfahnder widersprachen dem Präsidenten deutlich: Drogenrouten über Suriname führten in erster Linie nach Europa, während der Großteil der in die USA geschmuggelten Drogen über den Pazifik laufe.
Vier Angriffe – zwei Überlebende – gezielte Tötung
Besonders kritisch wird das Vorgehen nach dem ersten Angriff gesehen. Laut CNN-Bericht wurde das Boot beim ersten Einschlag in zwei Teile gespalten, zwei Personen überlebten und klammerten sich an die Überreste des Wracks. Daraufhin folgten drei weitere Angriffe, bei denen die Überlebenden getötet und das Boot vollständig versenkt wurden.
Bradley bestätigte gegenüber Abgeordneten, dass die Überlebenden in die Luft gewunken hätten – ob sie sich dabei ergeben oder um Hilfe gebeten hätten, sei unklar.
Der Angriff gilt als besonders umstritten, da es nach internationalem Kriegsrecht verboten ist, schiffbrüchige Personen zu töten, solange sie keine feindliche Handlung begehen.
Rechtliche Grauzone – Senat kündigt Untersuchung an
Laut einem ranghohen US-Beamten habe es keinen expliziten Befehl gegeben, „keine Gefangenen zu machen“. Die Anweisung lautete zwar, alle elf Personen zu töten und das Boot zu versenken – jedoch ohne die rechtlich relevante Formulierung, dass keine Kapitulation akzeptiert werden dürfe. Das hätte „spezifische rechtliche Konsequenzen“ und wäre völkerrechtswidrig gewesen.
Der damalige Verteidigungsminister Pete Hegseth habe laut Quellen zwar vorab klar gemacht, dass der Einsatz tödlich verlaufen solle, sei aber erst nach dem Tod der Überlebenden über deren Existenz informiert worden.
Inzwischen kündigte der Verteidigungsausschuss des US-Senats eine formelle Untersuchung des Vorfalls an. Die zentrale Frage: War der zweite Angriff – auf bereits wehrlose Überlebende – ein Kriegsverbrechen?
Das Pentagon äußerte sich bislang nicht zu den Vorgängen.
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