Kanadas Verhältnis zu den USA steht unter Druck – und Québec rückt enger an den Rest des Landes. Donald Trumps Handelszölle und seine provokanten Äußerungen über Kanada als „51. US-Bundesstaat“ haben selbst überzeugte Separatist*innen zum Umdenken bewegt.
In Québec, wo der Ruf nach Unabhängigkeit traditionell stark ist, entscheiden sich viele Wähler*innen dieses Mal bewusst für nationale Geschlossenheit. So auch Suzanne Dumont, 70, aus Québec-Stadt. Zwar sei sie überzeugt von der Souveränität der Provinz, doch Trumps aggressives Auftreten habe sie dazu gebracht, strategisch für die Liberalen zu stimmen, um einer Mehrheit gegen die US-Zölle den Weg zu ebnen.
Auch Louis Plouffe aus Montreal, der die Unabhängigkeitspartei Bloc Québécois schätzt, sagt: „Wir brauchen eine Regierung mit starkem Mandat – bereit für die Welle, die aus den USA kommt.“
Mit Strafzöllen von 25 % auf Aluminium sowie möglichen Sanktionen gegen die Milch- und Forstwirtschaft sind zentrale Sektoren der Québecer Wirtschaft direkt betroffen. Diese Eskalation trifft nicht nur die Wirtschaft, sondern auch den Stolz der Provinz, die ihre kulturelle Eigenständigkeit seit Jahrzehnten verteidigt.
„Wir entscheiden uns für Kanada – nicht für die USA, wenn wir wählen müssen“, erklärt Émilie Foster, Politikwissenschaftlerin an der Carleton University.
Laut einer aktuellen Léger-Umfrage glaubt fast 40 % der Bloc-Wählerschaft, dass ein unabhängiges Québec im Umgang mit den USA weniger Einfluss hätte als ein vereinigtes Kanada.
Trotz seiner holprigen Französischkenntnisse gewinnt Liberalenchef Mark Carney überraschend viele Stimmen in Québec. Der ehemalige Notenbanker profiliert sich als Krisenmanager und steht für Stabilität in unsicheren Zeiten.
Claude Guay, der liberale Kandidat in einem historisch von der Bloc gehaltenen Wahlkreis, bringt es auf den Punkt: „Die Drohung mit dem 51. Bundesstaat bewegt viele Souveränisten zur Frage: Wo haben wir mehr Einfluss – in Kanada oder allein?“
Auch wenn derzeit viele Souveränitätsbefürworter taktisch für die Liberalen stimmen, bleibt die Unabhängigkeitsfrage ungelöst. Rund 30 % der Québecer unterstützen weiterhin die Idee einer Trennung – nur nicht jetzt.
„Vielleicht kommt der Zeitpunkt noch“, sagt Plouffe am Marktstand in Montreal. „Aber wir sind nicht bereit – noch nicht.“
Trumps außenpolitische Provokationen haben Kanada zusammengeschweißt – zumindest vorübergehend. Ausgerechnet ein amerikanischer Präsident sorgt für neuen kanadischen Patriotismus in einer Provinz, die jahrzehntelang mit Abspaltung liebäugelte.
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