US-Präsident Donald Trump hat dem neuen kanadischen Premierminister Mark Carney zu dessen Wahlsieg gratuliert. In einem Telefonat am Dienstag vereinbarten die beiden Staatschefs, sich in naher Zukunft persönlich zu treffen – mit dem Ziel, ein neues wirtschaftliches und sicherheitspolitisches Verhältnis zwischen den Nachbarländern auszuhandeln.
Carney, der erst vor wenigen Wochen das Amt von Justin Trudeau übernommen hatte, führte die Liberale Partei bei den Wahlen am Montag zu einem überraschenden Comeback. Zwar verfehlte seine Partei mit 169 Sitzen die absolute Mehrheit im Parlament um drei Mandate, doch das Ergebnis markiert eine beachtliche Kehrtwende für eine Partei, die noch vor Monaten auf dem politischen Abstellgleis schien.
In einer Mitteilung des Premierministers heißt es, Trump und Carney hätten sich auf die Bedeutung einer engen Zusammenarbeit als „unabhängige, souveräne Nationen“ verständigt – eine deutliche Antwort auf Trumps wiederholte Aussagen, Kanada zur „51. US-Bundesstaat“ machen zu wollen. Carney entgegnete in einem BBC-Interview: „Das wird niemals passieren. Kanada verdient Respekt.“
Regierungsbildung und schwierige Mehrheitsverhältnisse
Die Liberalen sind nun auf die Unterstützung anderer Parteien angewiesen, um Gesetze durch das Unterhaus zu bringen – insbesondere von den geschwächten Neuen Demokraten (NDP) oder dem Bloc Québécois. Letzterer rief bereits zu einer politischen „Waffenruhe“ auf, damit Kanada in Ruhe über Handelsfragen mit den USA verhandeln könne.
Bloc-Chef Yves-François Blanchet forderte „Zusammenarbeit für mindestens ein Jahr“ und warnte davor, die neue Regierung vorschnell zu stürzen. Gleichzeitig forderte er Respekt für die Souveränität Québecs.
Ein möglicher Konsens im Parlament zeichnet sich beim Thema US-Zölle ab: Alle Parteien hatten im Wahlkampf Hilfen für betroffene Branchen und Arbeiter gefordert. Der Druck, rasch Lösungen zu finden, ist groß – besonders angesichts der wirtschaftspolitischen Spannungen mit den USA, die zuletzt durch Trumps Strafzölle verschärft wurden.
US-Kommentare sorgen für Verstimmung
Während die ersten diplomatischen Gesten zwischen Carney und Trump freundlich ausfielen, sorgte ein Kommentar aus dem Weißen Haus für Irritation: Trumps Sprecherin Anna Kelly sagte, die Wahl habe „keinen Einfluss auf den Plan des Präsidenten, Kanada zu Amerikas geschätztem 51. Bundesstaat zu machen“. Carney wies diese Bemerkung mit Nachdruck zurück.
Auch der neue US-Botschafter in Kanada, Pete Hoekstra, äußerte sich. In einer Videobotschaft kündigte er an, die bilateralen Beziehungen „konstruktiv voranzubringen“.
Herausforderungen im Inland
Neben der schwierigen außenpolitischen Lage stehen Carney auch innenpolitisch große Aufgaben bevor. Der frühere Notenbankchef versprach im Wahlkampf konkrete Maßnahmen gegen die Wohnungsnot, sowie Steuererleichterungen für untere und mittlere Einkommen. Zugleich muss er den anstehenden G7-Gipfel im Juni vorbereiten, den Kanada in Alberta ausrichten wird.
Das Wahlergebnis brachte auch bedeutende personelle Umwälzungen: Sowohl der konservative Oppositionsführer Pierre Poilievre als auch NDP-Chef Jagmeet Singh verloren ihre Sitze. Singh kündigte umgehend seinen Rücktritt an. Die Wahlbeteiligung lag bei 67 %.
Fazit: Hoffnung auf Neustart, Schatten der Vergangenheit
Nach Jahren politischer Turbulenz hoffen viele Kanadier auf Stabilität – und eine Regierung, die sowohl nationale Probleme entschlossen angeht als auch der Nachbarschaft mit den USA auf Augenhöhe begegnet. Mark Carney hat sich zum Ziel gesetzt, genau das zu tun. Doch ob ihm das mit einer Minderheitsregierung und einem unberechenbaren amerikanischen Präsidenten gelingen wird, bleibt offen.
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