Als zwei der wichtigsten Ziele von Donald Trumps aggressiver Handelspolitik hätten die Europäische Union und China ein strategisches Bündnis formen können. Doch statt gemeinsamer Sache zeigt der EU-China-Gipfel in Peking in dieser Woche vor allem: Das Vertrauen ist brüchig, die Fronten verhärtet.
Am Donnerstag treffen sich EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, Ratspräsident Antonio Costa sowie Chinas Präsident Xi Jinping und Premier Li Qiang. Offiziell soll das 50-jährige Bestehen der Beziehungen gefeiert werden – de facto wird der Gipfel eher zur Generalabrechnung.
Vorwürfe, Vergeltung, Vertrauensbruch
Die Liste der europäischen Vorwürfe ist lang: billige chinesische Waren, die europäische Märkte fluten, gezielte Kontrolle seltener Erden, und vor allem Chinas Unterstützung für Russland im Ukrainekrieg.
Die EU hat jüngst chinesische Unternehmen wegen Russland-Sanktionen bestraft, worauf Peking mit Handelshemmnissen reagierte – etwa einem Verbot für europäische Medizintechnik bei staatlichen Ausschreibungen. Auch Chinas Vergeltung für Zölle auf chinesische E-Autos ließ nicht lange auf sich warten.
„Wir erleben einen Moment der Konfrontation, nicht der Verständigung“, sagt Abigaël Vasselier vom Berliner Thinktank MERICS. „China fährt inzwischen gegenüber Europa dieselbe Eskalationsstrategie wie einst Trump gegen China – ein regelrechter ‚Trump-Playbook-Move‘.“
USA als Schatten über dem Gipfel
Hinzu kommt: Trumps Handelspolitik ist allgegenwärtig. Während Peking zuletzt durch Zoll-Repressalien mehrfach die USA zu Zugeständnissen zwang, kämpft die EU noch darum, ein Abkommen mit Washington vor dem 1. August zu verhindern, das massive Strafzölle bringen könnte.
Brüssel steht damit ungleich stärker unter Druck als Peking – und sieht sich in einem möglichen Zweifronten-Handelskrieg wieder. Noah Barkin vom German Marshall Fund warnt: „Das schlimmste Szenario wäre ein Handelskrieg mit sowohl China als auch den USA, während Trump ein neues Abkommen mit Peking schließt.“
Von der Leyen bleibt hart
Trotz aller Gesprächsbereitschaft bleibt Ursula von der Leyen konfrontativ. Sie kritisiert, dass China seinen Quasi-Monopolstatus bei seltenen Erden als Waffe einsetzt, um westliche Industrien zu schwächen – gerade im Bereich der E-Mobilität und Hochtechnologie.
„China überflutet den Weltmarkt mit subventionierter Überproduktion“, warnte sie beim G7-Gipfel in Kanada.
China weist diese Vorwürfe scharf zurück – europäische Medien und Politik müssten ihre „Mentalität kalibrieren“, wie es in einem staatlichen Kommentar hieß.
Kaum greifbare Ergebnisse – aber Dialog als Ziel
Konkrete Ergebnisse werden kaum erwartet. Die EU will ihre Beziehungen zu China nicht abbrechen, aber „neu ausbalancieren“ und ihre Lieferketten entkoppeln („derisking“) – ohne vollständige Trennung („decoupling“) zu riskieren.
Doch Beobachter zweifeln daran, dass Peking europäische Kernanliegen ernst nimmt.
„Wir hatten seit Jahren keinen Gipfel mit echten Ergebnissen“, so Barkin weiter. „Chinas Industriepolitik und Russlands Unterstützung bleiben Tabus.“
Und doch: Gemeinsame Interessen?
Trotz allem gibt es Bereiche für Kooperation: Klimaschutz, Künstliche Intelligenz, internationale Stabilität. Wang Yiwei von der Volksuniversität Peking sieht weiter Chancen:
„Europa braucht China – und China braucht Europa. Nur gemeinsam lassen sich globale Herausforderungen lösen. Ohne Zusammenarbeit hat der neue Kalte Krieg freie Bahn.“
Ob das mehr ist als Rhetorik, wird der Gipfel zeigen. Doch inmitten globaler Spannungen ist allein die Tatsache, dass beide Seiten überhaupt noch miteinander sprechen, bereits ein kleines diplomatisches Signal.
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