Eine massive Sturzflut nach sintflutartigen Regenfällen hat im südlichen Zentral-Texas zu einer der schwersten Naturkatastrophen der letzten Jahre geführt. Besonders betroffen war der Bezirk Kerr County, wo innerhalb weniger Stunden der Fluss Guadalupe um über sechs Meter anschwoll und eine Schneise der Zerstörung hinterließ. Laut örtlichen Behörden sind mindestens 110 Menschen ums Leben gekommen, darunter mehr als 30 Kinder.
Die Flut traf in den frühen Morgenstunden eines Freitags. Viele Menschen schliefen noch, als das Wasser ihre Häuser, Wohnwagen und Camps wegriss. Besonders hart traf es ein Mädchen-Sommercamp an den Ufern des Flusses, wo ganze Hütten mit schlafenden Kindern mitgerissen wurden.
Ein letzter Akt der Liebe – ein junger Vater stirbt als Held
Einer der vielen tragischen Fälle ist der 27-jährige Julian Ryan. Der Vater zweier kleiner Kinder schlief in seinem Wohnwagen, als die Wassermassen sein Zuhause erfassten. In einem verzweifelten Rettungsversuch schlug er ein Fenster ein, um seiner Verlobten, seinen Kindern und seiner Mutter die Flucht zu ermöglichen. Dabei verletzte er sich tödlich an einer Arterie. „Er ging als Held“, sagte seine Schwester unter Tränen. Seine letzten Worte an seine Familie: „Ich liebe euch.“
Camp Mystic – Ein Ort der Freude wird zur Katastrophenzone
Im Camp Mystic, einem beliebten christlichen Sommercamp für Mädchen, starben laut Angaben der Behörden mindestens 27 Kinder und Betreuerinnen. Weitere werden noch vermisst. Der langjährige Leiter des Camps, Dick Eastland, kam ums Leben, als er versuchte, Kinder zu retten.
Unter den Opfern sind mehrere Mädchen im Alter zwischen acht und neun Jahren. Die Eltern der kleinen Virginia Wynne Naylor berichteten, ihre Tochter habe eine große Liebe für die Natur und ihren Glauben gehabt. Auch Mary Barrett Stevens, so ihre Mutter, sei „furchtlos, mitfühlend und voller Begeisterung“ gewesen.
Einige Familien haben inzwischen Stiftungen in Erinnerung an ihre Kinder gegründet, um deren Andenken lebendig zu halten und soziale Projekte zu fördern.
Schwestern sterben gemeinsam – ein Symbol inniger Verbundenheit
Die 13- und 11-jährigen Schwestern Blair und Brooke Harber suchten in der Nacht der Flut Schutz auf dem Dachboden ihrer Hütte – ihre Rosenkränze in der Hand. Am nächsten Morgen wurden ihre Körper 15 Meilen flussabwärts gemeinsam gefunden. Ihre Eltern überlebten, ihre Großeltern gelten weiterhin als vermisst. Die Schule, an der beide Schülerinnen waren, beschreibt sie als begabte, lebensfrohe Mädchen, die durch ihre Persönlichkeit und Herzlichkeit die Gemeinschaft prägten.
Eine Lagerleiterin, die durch Musik Trost spendete
Auch Jane Ragsdale, Direktorin des Camps Heart O’ the Hills, kam ums Leben. Sie galt als „Herz und Seele“ des Camps und hatte laut Kolleg:innen mit ihrer Energie und Musik Generationen von Mädchen inspiriert. Ein Video zeigt sie noch kurz vor der Katastrophe, wie sie mit ihrer Gitarre singt: „When you sing, you say, life is good today.“
Sportlehrer stirbt mit Ehefrau
Zu den weiteren Opfern gehört auch Reece Zunker, Fußballtrainer an der Tivy High School, gemeinsam mit seiner Frau Paula. Das Team schrieb auf Facebook: „Wir trauern um unseren Trainer, Mentor und Freund. Seine Inspiration wird bleiben.“
Noch viele offene Fragen – und tiefe Trauer
Die Behörden arbeiten weiterhin mit Hochdruck an der Suche nach Vermissten und der Bergung von Opfern. Viele Familien sind durch die Katastrophe traumatisiert – manche haben alles verloren, was sie besaßen.
Die texanische Regierung kündigte Unterstützung an, während die Gemeinschaft im Schock vereint trauert. „Wir bitten um Privatsphäre, Mitgefühl und Gebete“, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung mehrerer betroffener Familien.
Diese Tragödie wird Texas lange begleiten – und sie wirft erneut die Frage auf, wie Regionen auf immer heftigere Wetterextreme vorbereitet werden können.
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