Nur wenige Stunden nachdem der russische Präsident Wladimir Putin seinen Verkehrsminister Roman Starowoit entlassen hatte, wurde dieser am Montag tot in einem Park am Rande Moskaus aufgefunden – mit einer Schusswunde am Kopf. Neben dem Leichnam lag eine Pistole. Die Ermittlungsbehörden gehen nach ersten Angaben von einem Suizid aus.
Der Fall hat in Russland für Aufsehen gesorgt – nicht nur wegen der Seltenheit eines solchen Vorfalls in höchsten Regierungskreisen, sondern auch wegen seiner symbolischen Wirkung auf die politische Elite des Landes.
Politisches Erdbeben in der Elite
Starowoit, ehemaliger Gouverneur der an die Ukraine grenzenden Region Kursk, war erst im Mai 2024 zum Verkehrsminister ernannt worden. Als Gouverneur hatte er mit umfangreichen staatlichen Mitteln den Bau militärischer Verteidigungsanlagen entlang der ukrainischen Grenze beaufsichtigt. Diese hielten jedoch dem ukrainischen Vorstoß im vergangenen Jahr nicht stand, was zu Gebietsverlusten auf russischer Seite führte.
Inzwischen wurden sowohl sein Nachfolger als Gouverneur, Alexei Smirnow, als auch dessen früherer Stellvertreter Alexei Dedow wegen großangelegten Betrugs im Zusammenhang mit dem Festungsbau verhaftet. Russische Medien spekulieren, Starowoit könnte ebenfalls in den Skandal verwickelt gewesen sein – und unter dem Druck eines möglichen Strafverfahrens keinen Ausweg mehr gesehen haben.
Erinnerung an düstere Kapitel der Geschichte
„Das ist das Dramatische an diesem Fall“, sagte Russland-Expertin Nina Chruschtschowa von der New School in New York. „Er erinnert an das Jahr 1937 – als Stalins Minister Sergo Ordschonikidse Suizid beging, weil er keinen Ausweg aus dem System sah.“
Der Fall Starowoit, so Chruschtschowa, sei ein klares Warnsignal an die heutige Elite Russlands: „Wer fällt, fällt tief. Heute endet nicht nur die Karriere – sondern oft auch das Leben.“
Schweigen im Staatsfernsehen
Während russische Zeitungen über den Fall berichteten, blieb das staatliche Fernsehen nahezu stumm. Im Hauptnachrichtenblock des Senders Rossija-1 wurde zwar über die Ernennung eines neuen Verkehrsministers, Andrei Nikitin, berichtet – der Tod seines Vorgängers wurde jedoch lediglich in einem 18-Sekunden-Beitrag gegen Ende der Sendung erwähnt.
Analysten vermuten, dass der Kreml die öffentliche Wahrnehmung bewusst steuern will: „Fernsehen hat in Russland mehr Einfluss als Zeitungen“, heißt es in dem Bericht. Sensible Themen würden deshalb gezielt klein gehalten.
Signal an Karrieristen im System
„Früher war der Aufstieg vom Gouverneur zum Minister ein sicherer Karrierepfad – heute ist er lebensgefährlich“, kommentierte Chruschtschowa. „Es gibt keine Aufstiegschancen mehr – und selbst der Abstieg endet im Tod.“
Die Affäre zeigt erneut, wie gefährlich es in Russland geworden ist, innerhalb der Machtstrukturen in Ungnade zu fallen – und wie eng politische Verantwortung mit persönlichem Risiko verknüpft ist.
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