In einer mit Spannung erwarteten Anhörung des Obersten Gerichtshofs der Vereinigten Staaten haben mehrere Richter Zweifel an der Rechtmäßigkeit der von Präsident Donald Trump verhängten Zölle geäußert. Dabei geht es um die zentrale Frage: Darf der Präsident eigenmächtig Importzölle verhängen – oder bleibt dieses Recht ausschließlich beim Kongress, wie es die Verfassung vorsieht?
Gericht könnte Trump Grenzen setzen
Die mehrstündige Anhörung am 5. November war geprägt von Skepsis gegenüber Trumps Argumentation. Zwar hatte der Präsident die Zölle als notwendige Maßnahme zum Schutz der nationalen Sicherheit bezeichnet – Kritiker jedoch sehen darin eine verfassungswidrige Machtausweitung der Exekutive.
Ashley Akers, ehemalige Justizministeriums-Anwältin, sprach von „deutlicher Skepsis über ideologische Grenzen hinweg“. Auch Chief Justice John Roberts und die konservativen Richter Neil Gorsuch sowie Amy Coney Barrett zeigten sich kritisch.
Tarife = Steuern? Das zentrale juristische Problem
Ein Schlüsselmoment der Debatte war die Frage, ob Zölle als Steuern zu verstehen sind – denn laut Verfassung darf nur der Kongress Steuern erheben.
Trumps Anwalt, Generalstaatsanwalt John Sauer, wies diese Sicht zurück und bezeichnete die Zölle als „regulatorisch, nicht fiskalisch“. Doch Roberts widersprach: „Zölle sind traditionell eine Form der Steuer. Und das ist seit jeher ein Machtbereich des Kongresses.“
Ein gefährlicher Präzedenzfall?
Mehrere Richter, darunter Gorsuch, warnten davor, dass eine Bestätigung von Trumps Zollpolitik einen gefährlichen Präzedenzfall schaffen könnte. Es drohe eine „Einbahnstraße hin zur Machtkonzentration im Weißen Haus“, so Gorsuch. Auch Barrett betonte, dass der Kongress kaum Möglichkeiten hätte, die präsidentiellen Befugnisse in diesem Bereich später wieder einzuschränken.
Liberale Richter klar gegen Trump
Die drei liberalen Richterinnen – Sonia Sotomayor, Elena Kagan und Ketanji Brown Jackson – positionierten sich deutlich gegen Trumps Zollpolitik. Kagan fragte pointiert, ob eine solch weitreichende Macht ohne eindeutige gesetzliche Grundlage überhaupt möglich sei.
Sotomayor verwies auf Beispiele von willkürlichen Zollandrohungen Trumps, etwa gegen Kanada oder Brasilien, und fragte: „Reicht das Wort ‘regulieren’, um solche umfassenden Maßnahmen zu legitimieren?“
Kavanaugh noch unentschlossen
Richter Brett Kavanaugh, oft als Zünglein an der Waage angesehen, zeigte sich unentschlossen. Zwar stellte er kritische Fragen, ließ aber auch Raum für eine mögliche Interpretation, die dem Präsidenten gewisse Zollbefugnisse einräumt – insbesondere im Kontext internationaler Krisen wie dem Krieg in der Ukraine.
Seine Wortwahl deutete an, dass die Definition von „Importregulierung“ ausschlaggebend für sein Urteil sein könnte.
Rückerstattung der Zölle – ein logistisches Chaos?
Barrett warf außerdem die Frage auf, wie eine Rückerstattung bereits erhobener Zölle in Milliardenhöhe organisiert werden könne. „Wäre das nicht ein heilloses Durcheinander?“ fragte sie. Trumps Gegner gaben zu, dass es kompliziert würde – aber betonten, das sei kein Grund, verfassungswidrige Maßnahmen zu dulden.
Fazit: Ein Urteil mit weitreichender Bedeutung
Der Fall wird als erste große Prüfung von Trumps Präsidialmacht in seiner zweiten Amtszeit betrachtet – und könnte das Kräfteverhältnis zwischen Exekutive und Legislative nachhaltig verändern.
Der Supreme Court muss nun klären, ob Trumps Notfallzölle eine legitime Ausübung präsidentieller Vollmachten sind – oder ein klarer Verfassungsverstoß, der das Gleichgewicht der Gewaltenteilung gefährdet.
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