Mehr als 300 südkoreanische Arbeiter wurden Anfang September im US-Bundesstaat Georgia bei einer großangelegten Razzia der Einwanderungsbehörde ICE vorübergehend festgenommen. Viele von ihnen berichten nun gegenüber der BBC von teils brutalem Vorgehen, das sie tief erschüttert habe – sowohl körperlich als auch emotional.
Die Betroffenen waren auf legaler oder kurzfristiger Visa-Basis in die USA eingereist, um bei einem Batteriewerk von Hyundai und LG zu arbeiten – Teil eines milliardenschweren Investitionsprogramms südkoreanischer Firmen in den USA.
„Mit Waffen bedroht, in Ketten gelegt“
Mehrere Ingenieure berichten, dass sie ohne Vorwarnung von schwer bewaffneten US-Beamten festgenommen wurden. Drohnen, Helikopter und gepanzerte Fahrzeuge hätten das Gelände umstellt. Laser-Zielpunkte von Gewehren seien auf ihre Körper gerichtet worden. Viele seien gefesselt und in Ketten gelegt worden – selbst diejenigen, die gültige Visa vorzeigen konnten.
Einer der Betroffenen, der unter dem Pseudonym Youngjin sprach, schilderte gegenüber der BBC: „Ich hatte eine Panikattacke, zitterte unkontrolliert. Ich konnte nicht glauben, dass mir das in einem zivilisierten Land passiert.“
Er wurde ins ICE-Verwahrzentrum Folkston gebracht, wo er mehrere Tage unter unmenschlichen Bedingungen festgehalten wurde: Die Räume waren eiskalt, Decken gab es keine, das Wasser roch nach Abwasser, und viele schliefen auf Tischen oder dem Boden. „Ich habe mich in ein Handtuch gewickelt, um nicht zu erfrieren“, so Youngjin.
Unklarheiten über Visa-Status
Die US-Behörden hatten zunächst angegeben, die Arbeiter hätten falsche Visa benutzt. Später wurde ein Kompromiss mit der südkoreanischen Regierung erzielt: Die Betroffenen durften freiwillig ausreisen, ohne strafrechtliche Konsequenzen – um bei Bedarf später wieder legal in die USA einreisen zu können.
Sowohl LG als auch südkoreanische Beamte betonten, dass viele der Mitarbeiter korrekte Visa oder eine visumfreie Einreisegenehmigung (ESTA) gehabt hätten. Dennoch sei keine individuelle Überprüfung erfolgt – es sei einfach verhaftet worden.
Ein anderer Betroffener, Herr Kim, sagte: „Ich hatte ein B-1-Visum, das meine Tätigkeit erlaubt. Aber niemand hat mit mir gesprochen – ich wurde einfach abgeführt.“
Diplomatische Spannungen zwischen USA und Südkorea
Der Vorfall hat Spannungen zwischen Seoul und Washington ausgelöst – trotz des ansonsten engen Bündnisses beider Länder. Besonders brisant: Die Razzia erfolgte kurz nach einem Handelsabkommen, bei dem südkoreanische Firmen Investitionen in Höhe von 350 Milliarden US-Dollar in den USA zugesagt hatten.
Der stellvertretende US-Außenminister Christopher Landau habe laut südkoreanischen Regierungsquellen sein „tiefes Bedauern“ über den Vorfall geäußert. Südkoreas Chefunterhändler erklärte, man prüfe mögliche Menschenrechtsverletzungen durch US-Beamte während der Aktion.
Tiefe emotionale Narben bei den Betroffenen
Viele der Ingenieure, die inzwischen nach Südkorea zurückgekehrt sind, zeigen psychische Nachwirkungen. „Ich lächle, aber ich fühle nichts“, sagte Youngjin. Erst zu Hause beim Abendessen mit der Familie sei das Ausmaß des Erlebten über ihn hereingebrochen. „Da habe ich zum ersten Mal geweint.“
Chul-yong, ein weiterer Betroffener, der bereits seit 30 Jahren als Facharbeiter weltweit im Einsatz ist, sagte: „Ich habe mein ganzes Leben in diese Arbeit investiert. Wenn ich das nicht mehr machen kann – wie soll meine Familie überleben?“ Dennoch überlegt er, wieder in die USA zurückzukehren – trotz allem.
Fazit
Der Vorfall wirft ein Schlaglicht auf das rigide Vorgehen der US-Behörden unter Präsident Trump in Einwanderungsfragen – und könnte das Verhältnis zu Verbündeten wie Südkorea nachhaltig belasten. Für die Betroffenen bleibt die Erfahrung ein Trauma, das noch lange nachwirkt.
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