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Sterbehilfe oder Mord? – Steirischer Winzer im Visier der Justiz

sujo26 (CC0), Pixabay
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Seit Mitte Juli sitzt ein bekannter 57-jähriger Winzer aus der Steiermark in der Justizanstalt St. Pölten in Untersuchungshaft. Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft wiegt schwer: Er soll einer wohlhabenden 71-jährigen Witwe eine tödliche Überdosis des Schlafmittels Pentobarbital-Natrium verabreicht haben – aus Habgier, um an ihr Vermögen zu gelangen.

Verteidigung spricht von legaler Sterbehilfe

Sein Anwalt Michael Dohr weist die Mordvorwürfe scharf zurück: „Das ist an den Haaren herbeigezogen.“ Der Winzer habe, so Dohr, nach dem österreichischen Sterbeverfügungsgesetz gehandelt. Die bettlägerige Frau habe nach einem Schlaganfall unter ärztlicher Begutachtung und in vollem Bewusstsein eine Sterbeverfügung unterzeichnet. Zwei voneinander unabhängige Ärzte hätten ihren Wunsch bestätigt, ihr Leben zu beenden.

Dohr schildert den Ablauf: Sein Mandant habe das Präparat aus der Apotheke geholt, am Nachtkästchen neben ein Glas Wasser gestellt – eingenommen habe es die Frau selbst.

Erbe bereits zu Lebzeiten festgelegt

Von Habgier könne keine Rede sein, betont der Anwalt: Die Witwe habe den Winzer bereits 2022 in ihrem Testament zum Alleinerben bestimmt und ihm später ihr gesamtes Vermögen überschrieben. Die beiden hatten sich 2018 beim Reiten kennengelernt und eine enge Freundschaft aufgebaut, die sich nach dem Tod ihres Ehemannes 2023 vertiefte.

Staatsanwaltschaft hält an Mordverdacht fest

Für die Staatsanwaltschaft St. Pölten bleibt der „dringende Tatverdacht“ einer vorsätzlichen Tötung bestehen. Das Gericht genehmigte die Festnahme und die U-Haft – der Beschluss ist rechtskräftig. In diesem Haftbeschluss stößt sich Dohr an Formulierungen, die aus seiner Sicht die Unschuldsvermutung verletzen, etwa dass die Frau das „Objekt der Begierde“ gewesen sei und der Winzer „über Leichen gehen“ würde.

Belastung durch Tochter und Pfleger

Zusätzlichen Druck erhält die Anklage durch Aussagen der Tochter der Verstorbenen, die im Testament nicht berücksichtigt wurde. Sie hat sich dem Verfahren als Privatbeteiligte angeschlossen und fordert im Falle einer Verurteilung den ihr entgangenen Erbteil – allein die Villa der Mutter soll rund 3,8 Millionen Euro wert sein. Auch ein Pfleger der Frau belastet den Winzer und behauptet, die Witwe habe auf Nachfrage mehrmals verneint, sterben zu wollen.

Debatte um das Sterbeverfügungsgesetz

Dohr kritisiert das derzeitige Gesetz als „nicht praktikabel“: Wer als Hilfe leistende Person auftrete und gleichzeitig Erbe sei, riskiere, als Mörder beschuldigt zu werden, wenn Angehörige oder Dritte den Sterbewunsch anzweifeln. Er fordert eine sofortige Gesetzesänderung, um künftige Unsicherheiten zu vermeiden – etwa indem nur Palliativmediziner ohne persönliches Verhältnis zum Sterbewilligen diese Rolle übernehmen dürfen.

Der Fall wirft damit nicht nur die Frage auf, ob hier Sterbehilfe oder Mord vorliegt – sondern auch, ob das Sterbeverfügungsgesetz selbst dringend reformiert werden muss.

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