Startseite Allgemeines SPD will mehr Diplomatie – und bekommt erst mal mehr Debatte
Allgemeines

SPD will mehr Diplomatie – und bekommt erst mal mehr Debatte

qimono (CC0), Pixabay
Teilen

In einem politischen Plot-Twist, der auch in der „Lindenstraße“ für Kopfschütteln gesorgt hätte, fordert ein Teil der SPD kurz vor dem Parteitag: weniger Waffen, mehr Reden – auch mit Russland. Und zwar jetzt, am besten mit heißen Getränken, verständnisvollen Blicken und viel Fingerspitzengefühl.

Ralf Stegner, der bekanntlich als Kind wohl in ein Fass mit ostpolitischer Romantik gefallen ist, schart Alt-SPDler um sich, um in einem „Manifest“ festzuhalten, dass man lieber mit Putin Tee trinken als Panzer schicken sollte. Mit dabei: Nostalgie-Legende Hans Eichel, diplomatischer Zimmerpflanzenflüsterer Norbert Walter-Borjans und Rolf „Ich nicke viel, sage wenig“ Mützenich.

Das Papier fordert eine Kehrtwende in der Außenpolitik – und zwar eine mit Rückwärtsgang und eingebautem Russland-Versteher-Modus. Keine Panzer für die Ukraine, sondern Pausenmusik und Gesprächsrunden. Die SPD-Spitze reagierte darauf mit exakt der gleichen Begeisterung, mit der man bei der SPD neue Grundsatzprogramme liest: schweigend, zweifelnd, genervt.

Manifest oder Märchenbuch?

Die Parteivorsitzenden Esken und Klingbeil sagten – nichts. Vermutlich waren sie zu sehr damit beschäftigt, den „Aktenordner Parteikrisen Q-Z“ aus dem Keller zu holen. Fraktionschef Miersch murmelte immerhin etwas von „Debattenkultur“, bevor er sich wieder unter der Tischplatte versteckte.

Verteidigungsminister Boris Pistorius, SPD-intern bekannt als der „letzte Sozialdemokrat mit Rückgrat“, reagierte weniger milde: „Realitätsverweigerung“ sei das Manifest. Und überhaupt: Verhandeln mit Putin sei wie eine Teeparty mit einem Tiger – charmant, bis jemand gefressen wird.

Die SPD: ein zerstrittener Haufen mit historischem Sendungsbewusstsein

Dabei ist das Ganze auch ein Showdown zwischen den SPD-Zeitgeistströmungen: Auf der einen Seite die „Friedensfreunde mit Brieffreundschaft zu Gasprom“, auf der anderen die „Scholzisten der Zeitenwende“, die sich notdürftig hinter einer Bundeswehr-Modernisierung verstecken, solange keiner fragt, wann eigentlich geliefert wird.

Besonders brisant: Stegners Moskau-freundliche Grußbotschaften bekommen Beifall von einem ganz besonderen Fanclub – der AfD. Außenpolitiker Markus Frohnmaier, frisch gekrönt zum Kronprinzen der Kreml-Kuschelpartei, jubelte öffentlich. Die SPD reagierte so, wie man es erwarten würde: mit entsetztem Schweigen und hektischem Streichkonzert in der Mitgliederdatenbank.

Kritik? Aber hallo!

Auch innerhalb der SPD sprudelte die Empörung aus dem digitalen Spülbecken: „WTF?“, twitterte Bundestagsabgeordneter Sebastian Fiedler, wobei unklar blieb, ob er das Manifest oder die ganze Partei meinte. Ex-Außenpolitiker Michael Roth nannte das Papier eine „weinerliche Melange aus Rechthaberei und Wohlstandsverwahrlosung“, womit er zufällig auch den Titel des nächsten SPD-Grundsatzprogramms vorschlug.

Parteitag oder Kabarettabend?

Was droht, ist ein Parteitag mit dem Charme eines Familientreffens, bei dem Onkel Stegner plötzlich vorschlägt, Weihnachten doch mal in Sotschi zu feiern. Während die SPD zwischen Panzerpartei und Pazifistenplüsch laviert, rückt der NATO-Gipfel näher – und mit ihm die bittere Realität, dass die Welt keine Kuschelrunde ist.

Das Fazit? Die SPD weiß, dass sie eine Richtung braucht. Nur welche, darüber streitet sie – mal laut, mal leise, aber immer mit dem heiligen Ernst einer Partei, die in Umfragen mittlerweile zwischen Pannenhilfe und Podcastplattformen rangiert.

Vielleicht wäre es an der Zeit, statt eines Manifests einfach mal einen Beipackzettel zu veröffentlichen: „SPD – kann zu Orientierungslosigkeit, innerparteilichen Turbulenzen und ungewollten Allianzen mit der AfD führen. Bei Auftreten dieser Symptome: bitte ironisch bleiben.“

Kommentar hinterlassen

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Kategorien

Ähnliche Beiträge
Allgemeines

Schwere Vorwürfe gegen Birkenstock-Werk Pasewalk: Beschäftigte berichten von Mobbing, Druck und Arbeitsschutzmängeln

Mehrere polnische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des Birkenstock-Werks im mecklenburg-vorpommerschen Pasewalk erheben schwerwiegende...

Allgemeines

Paragonix Edge: BaFin warnt vor der Website paragonixedge(.)app

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) warnt vor der Website paragonixedge(.)app. Nach Erkenntnissen...

Allgemeines

89,90 Euro einfach abgebucht: Neue Abo-Betrugsmasche trifft Verbraucher in Sachsen-Anhalt

In Sachsen-Anhalt häufen sich derzeit Fälle einer besonders dreisten Betrugsmasche: Verbraucher entdecken...

Allgemeines

Wenn Bewertungen zur Belastung werden: Unternehmen im Kampf gegen digitale Rufschädigung

Google-Bewertungen und Suchergebnisse sind für viele Unternehmen ein zweischneidiges Schwert: Einerseits bieten...