Spanien will das ewige Hin und Her zwischen Sommer- und Winterzeit beenden. Regierungschef Pedro Sánchez erklärte in einer Videobotschaft, dass sein Land sich innerhalb der Europäischen Union aktiv für die Abschaffung der Zeitumstellung einsetzen werde. „Offen gesagt sehe ich darin keinen Sinn mehr“, so der sozialistische Premier. Das halbjährliche Verstellen der Uhren bringe mehr Schaden als Nutzen.
Seit Jahren gibt es europaweit Kritik an der Zeitumstellung. Eigentlich sollte die Maßnahme einst dazu beitragen, Energie zu sparen, indem die Tageshelligkeit besser genutzt wird – doch dieser Effekt ist längst widerlegt. „Wir sparen keine Energie, aber wir bringen zweimal im Jahr den biologischen Rhythmus der Menschen durcheinander“, sagte Sánchez. Die Umstellung sei schlicht nicht mehr zeitgemäß.
Mehrheit der Europäer ist gegen die Zeitumstellung
Tatsächlich sprechen Umfragen seit Jahren eine deutliche Sprache: Eine große Mehrheit der EU-Bürgerinnen und -Bürger will die halbjährliche Zeitumstellung abschaffen. Schon 2018 hatte die EU-Kommission in einer europaweiten Befragung festgestellt, dass über 80 Prozent der Teilnehmenden für ein Ende der Zeitumstellung sind. Besonders stark ist die Ablehnung in Südeuropa – in Ländern wie Spanien, Portugal und Italien, wo die Umstellung kaum einen messbaren Nutzen bringt, aber spürbar auf den Biorhythmus schlägt.
Sánchez will EU-Kommission unter Druck setzen
Mit der Ankündigung will Sánchez nun Bewegung in ein Thema bringen, das in Brüssel seit Jahren stagniert. 2019 hatte die EU-Kommission zwar beschlossen, dass die Mitgliedstaaten selbst entscheiden dürfen, ob sie dauerhaft Sommer- oder Winterzeit einführen – doch bis heute hat sich kein einheitlicher Beschluss durchgesetzt.
„Es ist an der Zeit, dass Europa sich einigt“, so Sánchez. Spanien wolle im kommenden Jahr konkrete Vorschläge vorlegen und eine Koalition der Befürworter schmieden. Ziel sei ein EU-Beschluss, der die Zeitumstellung ab 2026 endgültig beendet.
Gesundheitliche und gesellschaftliche Folgen
Neben der geringen Energieeinsparung sprechen auch gesundheitliche Gründe gegen die Zeitumstellung. Laut Studien der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und europäischer Schlafforschungszentren leiden viele Menschen in den Tagen nach der Umstellung an Schlafstörungen, Konzentrationsproblemen, Gereiztheit und sogar Herz-Kreislauf-Beschwerden.
Kinder und ältere Menschen sind besonders betroffen, weil sich ihr Körper langsamer an den veränderten Rhythmus anpasst. Experten weisen darauf hin, dass die Zeitumstellung nicht nur individuelle Belastungen verursacht, sondern auch wirtschaftliche Auswirkungen haben kann – etwa durch erhöhte Unfallzahlen oder sinkende Produktivität in den Tagen nach der Umstellung.
Sommerzeit oder Winterzeit? Die EU ist gespalten
Selbst wenn sich die EU auf ein Ende der Zeitumstellung einigt, bleibt eine Frage offen: Welche Zeit soll dauerhaft gelten? Die sogenannte Winterzeit entspricht der „Normalzeit“, während die Sommerzeit längere Abende mit Tageslicht ermöglicht.
In Nordeuropa bevorzugen viele Länder die Winterzeit, um die hellen Morgenstunden zu bewahren. In Südeuropa hingegen ist die Sommerzeit beliebter, weil sie längere Abende und mehr Freizeit im Hellen verspricht. Spanien selbst gilt als Sonderfall: Das Land lebt ohnehin in einer „falschen Zeitzone“, da es trotz seiner geografischen Lage in der westeuropäischen Zeitzone eigentlich dieselbe Uhrzeit wie Deutschland oder Polen verwendet – eine Entscheidung, die auf das Franco-Regime in den 1940er-Jahren zurückgeht.
Einige Experten fordern daher, Spanien solle im Zuge der Abschaffung der Zeitumstellung zur mitteleuropäischen Normalzeit zurückkehren, um den natürlichen Sonnenstand besser widerzuspiegeln.
Wieder Ärger im Oktober – der letzte Wechsel?
Ob 2025 tatsächlich die letzte Zeitumstellung in Europa sein wird, bleibt abzuwarten. Am 27. Oktober 2025 werden die Uhren wieder eine Stunde zurückgestellt – offiziell von 3 Uhr auf 2 Uhr. Millionen Menschen werden sich also wieder fragen, ob sie nun länger schlafen dürfen oder zu früh zum Frühstück erscheinen.
Sollte Pedro Sánchez Erfolg haben, könnte dieser Griff zur Uhr aber bald der Vergangenheit angehören. „Wir leben im 21. Jahrhundert – da sollten wir unsere Zeit nicht mehr zweimal im Jahr künstlich verstellen“, sagte Sánchez. Sein Ziel: ein Europa ohne Zeitumstellung, in dem der Rhythmus der Menschen wieder wichtiger ist als das der Zeiger.
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