Wieder einmal füllt sich Belgrads Zentrum mit zehntausenden Stimmen. Serbiens Jugend, Studierende, Bürger aus allen Teilen des Landes stehen auf – nicht mehr nur wegen eines tödlichen Unglücks, sondern gegen eine ganze politische Kultur des Schweigens, der Korruption und der Arroganz. Ihre Forderung? Einfach, demokratisch, legitim: Neuwahlen.
Doch Präsident Aleksandar Vucic bleibt stur. Wahlen? Erst 2026. Punkt. Mehr braucht der Mann nicht zu sagen. Der Wille des Volkes? Zweitrangig. Die Straßen voll mit Nationalhymne, Flaggen und Protestplakaten? Für ihn ein Werk dunkler Mächte – angeblich gesteuert aus dem Ausland. Dass diese „Mächte“ inzwischen zehntausende Serbinnen und Serben in Bewegung setzen, scheint Vucic nicht weiter zu beunruhigen. Oder schlimmer: Er glaubt wirklich daran.
📉 Ein Land im Ausnahmezustand
Was einst als Trauer um 16 Todesopfer in Novi Sad begann, hat sich zur größten Protestbewegung seit den 1990ern entwickelt. Und die Regierung? Tritt auf der Stelle, spielt die alte Leier vom bösen Westen, der das „tapfere Serbien“ destabilisieren will. Dabei destabilisiert sich Serbien ganz gut selbst – durch Vetternwirtschaft, politische Einschüchterung und ein Präsidentenamt, das zunehmend monarchische Züge trägt.
🎭 Parallelrealität auf dem Nebenplatz
Während die Opposition friedlich demonstriert, inszenieren Vucics Anhänger eine Gegenveranstaltung – keine spontane Solidaritätsbekundung, sondern eine kalkulierte Machtdemonstration. Wie bestellt erscheinen „Unterstützer“ mit Fähnchen und vorbereiteten Parolen. Und als wäre das nicht schon genug, droht der Präsident offen mit Gewalt: Am Ende der Proteste werde es knallen, warnt er. Ein demokratisch gewählter Präsident, der seinem Volk Gewalt vorhersagt – man muss sich fragen, in welcher Realität dieser Mann lebt.
📣 Die Straße spricht. Die Macht schweigt.
Dass Vucic die Proteste ignoriert, ist kein Zeichen von Stärke, sondern von Angst vor echter Demokratie. Wenn das serbische Volk in Massen auf die Straße geht, wenn Studierende Ultimaten stellen und das Land ein Wahldatum fordert, dann ist es nicht das Ausland, das interveniert – es ist das eigene Volk, das aufwacht.
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