Moderator: Meine Damen und Herren, herzlich willkommen zu unserem politischen Stammtisch der besonderen Art. Wir haben heute hochkarätige Gäste, die sich zur aktuellen sicherheitspolitischen Lage äußern – oder zumindest versuchen, es nicht zu tun. Mit uns sind:
- Sarah Wagenknecht, Parteichefin des Bündnisses Sahra Wagenknecht (BSW) und professionelle Kritikerin jeglicher NATO-Strategie
- Gregor Gysi, Bundestagsabgeordneter der Linken und der wohl eleganteste Formulierer von „Ja, aber …“
- Bodo Ramelow, Ministerpräsident von Thüringen, der vermutlich immer noch nach einem linken außenpolitischen Konsens sucht
- Lars Klingbeil, SPD-Vorsitzender und Mann, der verzweifelt versucht, das Vakuum zu füllen, das Olaf Scholz in der sicherheitspolitischen Debatte hinterlassen hat
- Christian Lindner, FDP-Chef und Bundesfinanzminister, der ganz sicher ausrechnet, wie sich der Ukraine-Krieg steuerlich optimal abschreiben lässt
Vielen Dank, dass Sie alle hier sind. Lassen Sie uns direkt starten.
„Trump telefoniert mit Putin, Selenskyj bekommt sieben Minuten – was nun?“
Moderator: Herr Klingbeil, Ihr Kanzler hat in München eine flammende Rede gehalten … oder naja, eine Rede. Die USA distanzieren sich, Trump telefoniert lieber mit Putin als mit Selenskyj. Glauben Sie, Deutschland kann ohne den großen Bruder aus Übersee in Sachen Sicherheitspolitik bestehen?
Klingbeil: Deutschland ist bereit, Verantwortung zu übernehmen. Olaf Scholz hat klar gesagt, dass wir uns nicht von außen in unsere Demokratie reinreden lassen …
Moderator: Interessant, dass Sie das sagen. Denn offenbar hört Trump nicht mal mehr zu, wenn Scholz redet. Wie fühlt sich das an?
Klingbeil: (hustet) Nun, es ist natürlich eine Herausforderung. Aber Europa muss jetzt zusammenstehen. Wir müssen über eine europäische Verteidigungsstrategie nachdenken …
Christian Lindner: Nachdenken ist ein hervorragendes Stichwort, Lars. Die SPD denkt ja sehr gerne und sehr lange nach – bis das Problem von selbst verschwindet oder jemand anders es löst.
Moderator: Herr Lindner, ich ahne es bereits, aber lassen Sie mich die Frage trotzdem stellen: Wollen Sie mit Scholz‘ Verteidigungsstrategie etwa nicht bis 2035 warten?
Lindner: (lächelt) Hören Sie, ich finde, wir müssen pragmatisch sein. Wenn die USA uns im Regen stehen lassen, dann brauchen wir eine solide europäische Verteidigungsarchitektur – und zwar eine, die wir uns leisten können. Ich habe da einige exzellente Berater aus der Finanzbranche, die sehr innovative Sparmodelle für Sicherheitspolitik entwickelt haben …
Moderator: Ich hoffe, Sie sprechen nicht von steuerfreien Panzerleasing-Modellen mit Krypto-Investmentoptionen?
Lindner: Lassen Sie uns die Details später besprechen.
„Wagenknecht und Gysi: Lieber neutral als konsequent?“
Moderator: Frau Wagenknecht, Herr Gysi – Sie sind ja bekannt dafür, dass Sie der NATO gegenüber … sagen wir mal, skeptisch sind. Jetzt, wo die USA sich Europa abwenden, fühlen Sie sich bestätigt?
Wagenknecht: Absolut. Es war doch von Anfang an klar, dass diese Abhängigkeit von den USA gefährlich ist. Ich habe immer gesagt: Wir brauchen eine eigenständige Friedenspolitik.
Gysi: Ich finde ja, dass Frau Wagenknecht und ich selten einer Meinung sind, aber in diesem Punkt stimme ich ihr zu. Wenn Europa sich militärisch unabhängig macht, dann doch bitte, um nicht in die gleiche aggressive Rhetorik wie die NATO zu verfallen. Diplomatie muss Vorrang haben.
Moderator: Sie meinen also, Putin hätte den Krieg gegen die Ukraine gestoppt, wenn man einfach netter zu ihm gewesen wäre?
Wagenknecht: Ich sage nur, dass wir uns fragen müssen, ob unsere Waffenlieferungen den Krieg verlängern.
Lindner: Ah, da ist es wieder – das klassische „Wir sollten mit Putin verhandeln“ aus der politisch-romantischen Friedensbewegung. Ich schlage vor, wir schicken Frau Wagenknecht als persönliche Vermittlerin nach Moskau. Vielleicht lädt Putin sie ja auf eine Tasse Tee ein.
Gysi: Und ich würde empfehlen, dass Herr Lindner sich mal mit den sozialen Auswirkungen dieser Kriegspolitik auseinandersetzt. Denn wenn die FDP am Ende feststellt, dass ein Drittel der Bevölkerung hungert, weil das ganze Geld in Rüstung fließt, dann hilft auch keine Steuerreform mehr.
Lindner: Ich garantiere Ihnen, Herr Gysi, dass ich in jeder Situation eine Steuerreform finde, die funktioniert.
„Bodo Ramelow, der letzte Linke mit Regierungserfahrung?“
Moderator: Herr Ramelow, Sie sind Ministerpräsident in Thüringen und haben – im Gegensatz zu vielen Ihrer Parteikollegen – echte Regierungserfahrung. Was ist Ihr Lösungsansatz?
Ramelow: Also erstmal finde ich es alarmierend, dass die sicherheitspolitische Debatte in Deutschland völlig unkoordiniert geführt wird. Das zeigt doch, dass wir ein echtes Führungsproblem haben.
Moderator: Das ist jetzt aber nicht wirklich neu. Haben Sie eine Lösung?
Ramelow: Ich denke, Europa braucht einen klaren Plan, wie wir unsere Verteidigungsfähigkeit ausbauen, ohne in eine Militarisierungsspirale zu geraten.
Moderator: Klingt großartig. Könnten Sie diesen Plan jetzt bitte in drei Sätzen skizzieren?
Ramelow: Ähm … also … es geht darum, Sicherheit neu zu denken …
Lindner: Aha. Noch jemand, der erstmal nachdenken möchte.
Moderator: Herr Lindner, nach Ihren Maßstäben müsste Europa vermutlich erstmal eine Ausschreibung machen und dann die Verteidigungsstrategie an ein Start-up outsourcen.
Lindner: Klingt ehrlich gesagt effizienter als das, was wir gerade haben.
„Die große Frage: Wer soll Europa jetzt führen?“
Moderator: Die Münchner Sicherheitskonferenz hat gezeigt: Die USA lassen Europa hängen, Scholz bekommt keine Führungsrolle hin, und Macron und Starmer erscheinen erst gar nicht. Wer soll also Europas sicherheitspolitische Zukunft gestalten?
(Stille)
Klingbeil: Deutschland muss Verantwortung übernehmen!
Lindner: Aber bezahlbar!
Wagenknecht: Aber ohne NATO!
Gysi: Und ohne Waffen!
Ramelow: Und mit Bedacht!
Moderator: Ich fasse zusammen: Europa steht vor einer sicherheitspolitischen Zeitenwende, aber unsere Politiker sind sich nur in einer Sache einig – dass sie sich nicht einig sind. Ich danke Ihnen für das Gespräch.
Lindner: Falls jemand noch eine Steueroptimierung für den Verteidigungshaushalt braucht – meine Tür steht offen.
Moderator: Ich bin mir sicher, Herr Lindner. Ich bin mir sicher.
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