Redaktion:
Herr Reime, Sie haben einen kritischen Blick auf die Bilanz der Sachwert Invest GmbH geworfen. Würden Sie sagen: Für Anleger ist hier Vorsicht geboten?
Jens Reime:
Ich würde sagen: Wachsamkeit ist in jedem Fall angebracht. Die Bilanz macht auf den ersten Blick einen ordentlichen Eindruck – starkes Eigenkapital, geringe Schulden. Aber wie immer steckt der Teufel im Detail.
Redaktion:
Was genau hat Sie bei der Bilanz besonders stutzig gemacht?
Jens Reime:
Ein Punkt, den Anleger sehr ernst nehmen sollten, ist der Posten „Forderungen an Gesellschafter“. Hier wurden über 113.000 Euro an interne Personen ausgeliehen. Das ist keine Seltenheit, aber eben auch kein gutes Zeichen. Es deutet darauf hin, dass Unternehmensgelder in private oder gruppeninterne Bahnen fließen. Für einen Anleger, der sein Kapital sicher und renditestark angelegt wissen möchte, ist das ein Warnsignal.
Redaktion:
Aber das Unternehmen scheint doch finanziell gut aufgestellt zu sein – das Eigenkapital ist enorm gewachsen.
Jens Reime:
Ja, das stimmt. Allerdings sollte man sich fragen, woher dieses Eigenkapitalzuwachs stammt. Innerhalb eines Jahres von rund 190.000 auf über 1,4 Millionen Euro – das ist eine sehr ungewöhnliche Entwicklung. Ohne Einblick in die Gewinn- und Verlustrechnung oder nähere Informationen zur Kapitalherkunft bleibt das für mich ein ungesicherter Eindruck.
Redaktion:
Was ist mit den Haftungsverhältnissen, die im Anhang erwähnt werden?
Jens Reime:
Sehr wichtiger Punkt. Das Unternehmen hat eine Patronatserklärung zugunsten einer Tochtergesellschaft abgegeben. Das bedeutet: Es haftet im Zweifel für deren Verpflichtungen. Sollte diese Tochtergesellschaft in finanzielle Schwierigkeiten geraten, könnte die Muttergesellschaft, also die Sachwert Invest GmbH, finanziell in Mitleidenschaft gezogen werden. Für Anleger bedeutet das: Ihr Geld ist nicht nur von der Hauptgesellschaft abhängig, sondern auch von der Lage der Tochterunternehmen – die in der Bilanz aber kaum transparent gemacht werden.
Redaktion:
Was würden Sie jemandem raten, der jetzt bei der Sachwert Invest GmbH ein Investment tätigen möchte?
Jens Reime:
Ganz klar: Nachfragen, prüfen, nicht blenden lassen. Fordern Sie Einblick in:
- die tatsächlichen Projekte,
- die Einnahmen-Ausgaben-Situation,
- etwaige Mittelverwendungskonzepte,
- vertragliche Absicherungen wie Rückkaufsrechte, Kündigungsmöglichkeiten etc.
Und vor allem: Lassen Sie sich nicht von Begriffen wie „Sachwert“ in Sicherheit wiegen. Nur weil etwas „Sachwert“ heißt, bedeutet das nicht automatisch, dass Ihr Investment auch werthaltig, sicher oder transparent ist.
Redaktion:
Also eher Finger weg?
Jens Reime:
Ich sage nicht grundsätzlich Finger weg. Aber: Nur investieren, wenn alle Fakten auf dem Tisch liegen. Wer heute in ein unternehmerisches Beteiligungsmodell geht – und genau das ist es ja –, der muss sich darüber im Klaren sein, dass er ein Risiko eingeht. Dieses Risiko sollte gut kalkuliert und nicht emotional getrieben sein.
Redaktion:
Vielen Dank für das Gespräch, Herr Reime!
Jens Reime:
Gerne. Und wie ich meinen Mandanten immer sage: Kapital ist gut – Klarheit ist besser.
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