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Rechtsextremismus im Gaming: Wie extremistische Gruppen digitale Spielwelten gezielt zur Rekrutierung missbrauchen

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Digitale Spielewelten sind längst mehr als bloße Unterhaltung – sie sind soziale Treffpunkte, Kommunikationsräume und Orte politischer Einflussnahme. Dass rechtsextreme Symbole in einzelnen Spielen auftauchen, ist nicht neu. Neu ist jedoch die strategische Nutzung dieser Räume durch rechtsextreme Akteure, die Gaming-Plattformen als effektive Rekrutierungs- und Propagandanetzwerke erkannt haben.

„Schwarzer Humor“ als Einfallstor – wie Rechtsextreme Jugendliche täuschen

Maximilian Kreft, Medienpädagoge beim Verein Kiel Gaming Port, warnt vor einer systematischen Unterwanderung privater Chaträume und In-Game-Communities. Rechtsextreme Gruppen tarnten ideologische Botschaften als „Ironie“ oder „Edgy-Humor“.

In der Praxis bedeutet das:

  • Hakenkreuze, SS-Runen oder Hitler-Verweise werden als „Witz“ verharmlost.

  • Jugendliche erkennen häufig nicht, dass hinter diesen Symbolen ein gezielter politischer Zweck steckt.

  • Gesprächsgruppen entwickeln sich schleichend von schwarzem Humor zu radikalen Inhalten.

Kreft macht klar: „Wenn solche Symbolik auftaucht, ist es fast nie nur ein Scherz – es ist ein Rekrutierungsversuch.“

Ein gigantischer Markt – und ein ideales Rekrutierungsfeld

Der Gaming-Sektor ist einer der größten Medienmärkte weltweit. Mareike Stürmburg vom Institut für Rechtsextremismus der Universität Tübingen betont die enorme Reichweite:

  • Rund 50 Prozent der Bevölkerung in Deutschland spielen zumindest gelegentlich.

  • Mobile Games erzielen allein 2,9 Milliarden Euro Umsatz.

  • Männer und Frauen sind nahezu gleich stark vertreten.

Gaming sei deshalb nicht nur Freizeitbeschäftigung, sondern eine gesellschaftliche Plattform, die politische Einstellungen prägen könne. Spiele würden zunehmend als mediale Räume wahrgenommen, in denen gesellschaftliche Debatten stattfinden – oder bewusst manipuliert werden.

Plattformen wie Steam und Discord: Ein Paradies für Extremisten?

Besonders große Plattformen stehen im Fokus.
Auf Steam – mit inzwischen über 41 Millionen gleichzeitig aktiven Nutzerinnen und Nutzern – finden sich immer wieder Profile oder Gruppen mit:

  • Hakenkreuzen,

  • NS-Verherrlichung,

  • Namen wie „Führer“, „Arier“ oder „88“.

Das Problem:
Das Moderationsteam ist mit nur 79 Mitarbeitenden völlig überfordert. Millionen Accounts lassen sich nicht effektiv kontrollieren.

Auch Discord stellt ein erhebliches Risiko dar. Die Plattform bietet unzählige geschlossene, privat verwaltete Kanäle – ein idealer Rückzugsraum für extremistische Communities. Laut Kreft nutzen rechtsextreme Gruppen diese Strukturen gezielt, um Jugendliche Schritt für Schritt in ideologische Diskurse hineinzuziehen.

Warum Kinder und Jugendliche besonders gefährdet sind

Digitale Kommunikation verstärkt Dynamiken, die Jugendliche ohne Kontext kaum einordnen können:

  • Sie werden in Gruppen integriert und emotional gebunden.

  • Durch scheinbar harmlose Witze werden Grenzen verschoben.

  • Gruppendruck und Anerkennungssysteme („Likes“, „Rollen“, „Ränge“) verstärken die Bindung.

  • Politische Botschaften werden unterschwellig vermittelt.

Das macht Prävention entscheidend.

Die Aufgabe der Erwachsenen: Aufklären statt ignorieren

Medienpädagogen betonen, dass Eltern, Lehrkräfte und Jugendarbeit dringend stärker einbezogen werden müssen.

Kreft macht deutlich:
„Wenn in Minecraft, Roblox oder auf einem Discord-Server plötzlich Hakenkreuze erscheinen, muss das thematisiert werden. Nicht mit Panik – aber mit Einordnung.“

Dazu gehören Fragen wie:

  • Was bedeutet dieses Symbol historisch?

  • Warum ist es in Deutschland verboten?

  • Wer könnte ein Interesse daran haben, es Jugendlichen zu zeigen?

Fazit: Gaming ist ein Spiegel der Gesellschaft – und damit auch ein Schlachtfeld für Ideologien

Rechtsextreme nutzen digitale Spielewelten nicht zufällig, sondern aus strategischem Kalkül. Die große Reichweite, die Gruppendynamik und die informellen Strukturen machen die Gaming-Landschaft zu einem idealen Ort, um Jugendliche zu erreichen, bevor sie in klassischen politischen Räumen überhaupt präsent sind.

Damit steigt die Verantwortung von Plattformbetreibern, Schulen, Eltern – und der Politik. Denn digitale Räume sind längst nicht mehr frei von ideologischen Kämpfen. Sie sind mittendrin.

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