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Pro & Contra-Diskussion: Bewährungsstrafe für Ex-Geschäftsführer von German Pellets – Ein fatales Signal?

Alexas_Fotos (CC0), Pixabay
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Moderation:
Das Urteil gegen den ehemaligen Geschäftsführer von German Pellets – zwei Jahre auf Bewährung trotz Millionenbetrugs – sorgt für Diskussionen. Viele geschädigte Anleger empfinden es als Schlag ins Gesicht.

Wir diskutieren das Thema heute mit zwei Experten: Rechtsanwalt Jens Reime aus Bautzen und Rechtsanwältin Kerstin Bontschev aus Leipzig.


Pro: RAin Kerstin Bontschev – „Strafmilderung ist rechtsstaatlich korrekt“

RAin Kerstin Bontschev:
„Man muss dieses Urteil differenziert betrachten. Der Angeklagte hat ein Geständnis abgelegt, sich kooperativ gezeigt, und die Staatsanwaltschaft hat im Laufe des Verfahrens selbst Anklagepunkte zurückgezogen. Das alles sind Faktoren, die bei der Strafzumessung berücksichtigt werden müssen. Unser Strafrecht kennt den Grundsatz: Nicht nur die Tat zählt, sondern auch das Verhalten danach. Wer zur Aufklärung beiträgt, kann mit Milde rechnen – das ist rechtsstaatlich verankert und keine Willkür.“

Moderation:
Aber ist das für die Geschädigten nachvollziehbar?

Bontschev:
„Emotionen dürfen das Urteil nicht dominieren. Natürlich ist der Schaden immens, aber wir dürfen nicht ins populistische Strafverlangen verfallen. Der Rechtsstaat funktioniert nicht nach dem Prinzip: Je lauter der Aufschrei, desto härter das Urteil. Es geht um Rechtsanwendung, nicht um Rache.“


Contra: RA Jens Reime – „Das ist ein Schlag ins Gesicht der Anleger“

RA Jens Reime:
„Mit Verlaub – das mag juristisch korrekt sein, aber es ist in der Außenwirkung eine Katastrophe. Die Anleger, die ihr Geld verloren haben, sehen, wie ein Mann Millionenbeträge verwaltet, die Insolvenz verschleppt, Investoren täuscht – und dafür nicht eine einzige Nacht im Gefängnis verbringt. Das beschädigt das Vertrauen in unser Rechtssystem massiv. Viele Mandanten sagen mir wörtlich: ‚Betrug lohnt sich offenbar doch‘. Und wer will ihnen da widersprechen?“

Moderation:
Was hätte Ihrer Meinung nach passieren müssen?

Reime:
„Ein klares Zeichen! Gerade in Fällen von Wirtschaftskriminalität muss die Justiz deutlich machen: Hier hört der Spaß auf. Wir reden von systematischem Fehlverhalten, über Jahre hinweg, mit riesigem Schaden. Dass so etwas mit einer Bewährungsstrafe endet, während jemand wegen Sozialbetrugs schneller im Gefängnis sitzt, ist schlicht ungerecht.“

Bontschev widerspricht: „Generalprävention darf kein Strafmaß diktieren“

Bontschev:
„Herr Reime spricht die Generalprävention an – natürlich spielt die eine Rolle. Aber das Strafmaß soll nicht zum Symbol werden. Wir dürfen den Einzelfall nicht opfern, um gesellschaftliche Erwartungen zu befriedigen. Ein Schuldeingeständnis, eine Kooperation, das alles dient auch der Entlastung der Justiz. Und: Eine Bewährungsstrafe bedeutet nicht straffrei. Sie ist eine empfindliche Sanktion – besonders für jemanden ohne Vorstrafen.“

Reime kontert: „Aber es fehlen Konsequenzen“

Reime:
„Aber Frau Bontschev, die Realität ist doch: Es fehlen sichtbare Konsequenzen. Kein Hafttag, keine persönliche Haftung, und für die Anleger? Kein Euro zurück. Das Urteil mag formaljuristisch sauber sein, aber es ist moralisch ein Offenbarungseid. Gerade in Zeiten, in denen viele Menschen ohnehin das Vertrauen in Institutionen verlieren, ist das brandgefährlich.“

Fazit der Moderation:

Moderation:
Ein komplexes Thema, bei dem juristische Prinzipien und moralische Erwartungen aufeinandertreffen.
Vielen Dank an Rechtsanwältin Kerstin Bontschev und Rechtsanwalt Jens Reime für Ihre Einschätzungen. Die Diskussion zeigt: Zwischen Rechtsstaatlichkeit und Gerechtigkeitsempfinden liegen manchmal Welten.

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