Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) hat heute entschieden: Das Interesse von schwer erkrankten Krebspatienten an der weiteren Versorgung mit einem nicht zugelassenen Medikament überwiegt das allgemeine Verbraucherinteresse an der Einhaltung von Zulassungsvorschriften. Ein Antrag auf sofortige Unterlassung von Herstellung und Vertrieb des Medikaments wurde abgewiesen.
Hintergrund:
Ein Wirtschaftsverband hatte gegen einen Apotheker aus dem Taunus geklagt. Der Vorwurf: Er stelle und vertreibe Arzneimittel zur Behandlung einer seltenen, meist bei Kindern auftretenden, tödlichen Tumorerkrankung ohne die erforderliche Zulassung. Die Antragstellerin sprach von Nachbauten eines US-Pharmaprodukts, das aktuell in klinischen Studien getestet wird. Der Apotheker hingegen berief sich auf ein eigenes verbessertes Herstellungsverfahren.
Entscheidung des Gerichts:
Der 6. Zivilsenat des OLG Frankfurt wies den Antrag auf einstweilige Verfügung zurück – bereits wegen fehlender Eilbedürftigkeit. Ausschlaggebend war dabei eine umfassende Interessenabwägung:
Das Gericht betonte, dass das Lebensinteresse der konkret betroffenen Patienten schwerer wiege als das allgemeine Interesse an einem strikt eingehaltenen Arzneimittelzulassungsverfahren. Da die betroffenen Patienten an einer extrem seltenen Krebsart leiden, deren mittlere Überlebensdauer ohne wirksame Therapie bei lediglich zehn Monaten liegt, komme dem Medikament trotz fehlender Zulassung erhebliche Bedeutung zu.
Eine mögliche Gefährdung laufender klinischer Studien sah der Senat nicht. Zudem sei glaubhaft gemacht worden, dass nur Patienten behandelt würden, die keine alternative Therapieoption mehr hätten.
Das OLG betonte: „Das Risiko möglicher Nebenwirkungen tritt angesichts des sicheren Todes ohne Behandlung in den Hintergrund.“ Die verfassungsrechtliche Pflicht des Staates, Leben zu schützen, rechtfertige in diesem Fall die Fortsetzung der Medikamentenversorgung bis zum Abschluss eines Hauptsacheverfahrens.
Rechtsmittel:
Die Entscheidung im Eilverfahren ist unanfechtbar.
Aktenzeichen:
OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 3. April 2025, Az. 6 UKl 2/25
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