Nordrhein-Westfalen hat erneut zugeschlagen: Das Land erwarb einen umfangreichen Datenträger mit Informationen über potenzielle Steuerstraftaten, die über Offshore-Gesellschaften in Niedrig- oder Nullsteuerländern abgewickelt worden sein sollen. Das Finanzministerium in Düsseldorf sprach von einem „Datensatz von außergewöhnlicher Größe und Bedeutung“, der Hinweise auf strukturelle Steuerhinterziehung im großen Stil enthalte.
Daten aus den Emiraten, Mauritius, Panama – und vielen weiteren Jurisdiktionen
Nach ersten Angaben umfasst der Datenträger Informationen über Firmenkonstruktionen und Treuhandstrukturen in:
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den Vereinigten Arabischen Emiraten,
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Mauritius,
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Panama,
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sowie weiteren klassischen Offshore-Standorten.
Die Daten sollen unter anderem zeigen, wie deutsche Steuerpflichtige komplexe Unternehmensstrukturen nutzen, um Einkünfte aus dem Ausland gegenüber den deutschen Finanzbehörden zu verschleiern oder nicht korrekt zu deklarieren.
Ein Terabyte voller Hinweise – Umfang für Ermittler eine Herausforderung
Mit über einem Terabyte Datenmaterial zählt der Ankauf zu den größten in der Geschichte der NRW-Steuerfahndung. Er umfasst voraussichtlich:
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interne Firmenregister,
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Verträge und Gründungsdokumente,
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Bankunterlagen und Transaktionslisten,
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E-Mail-Korrespondenzen,
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sowie mögliche Identifikationsdaten von wirtschaftlich Berechtigten.
Nach Erfahrung aus früheren Ankäufen liegt in solchen Datensätzen oft ein erhebliches Potenzial für Steuernachforderungen und Strafverfahren. Die Auswertung dürfte jedoch Monate bis Jahre dauern.
Bundesweite Relevanz – alle Länder betroffen
Interessant ist, dass die Daten nicht nur Steuerpflichtige aus NRW betreffen. Das Finanzministerium spricht ausdrücklich davon, dass Fälle aus ganz Deutschland enthalten seien. Damit wird die Datenanalyse voraussichtlich:
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länderübergreifende Ermittlungsgruppen beschäftigen,
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zu bundesweiten Strafverfahren führen,
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und möglicherweise Branchenkonstrukte sichtbar machen, die weit verbreitet sind.
Was kostet ein solcher Datensatz? Land hält sich bedeckt
Wie viel NRW für den Datenträger bezahlt hat, bleibt geheim. Dies hat Tradition: Schon bei früheren Ankäufen – etwa von Schweizer Banken- und Panama-Daten – wurden die Kaufpreise nicht offengelegt. Die Begründung:
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Schutz der Informanten,
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Vermeidung von Preisvergleichen bei künftigen Ankäufen,
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Erhalt der Möglichkeit, weitere Datenimporte zu tätigen.
In der Vergangenheit haben sich solche Ankäufe jedoch finanziell oft deutlich ausgezahlt: Die Steuermehreinnahmen lagen teils im dreistelligen Millionen- bis Milliardenbereich.
Signalwirkung: Auch nach globalen Reformen bleiben Offshore-Konstrukte Thema
Dass ein solch großer Datensatz 2025 auftaucht, zeigt: Trotz weltweiter Initiativen wie dem Common Reporting Standard (CRS) oder BEPS-Maßnahmen der OECD florieren Offshore-Konstruktionen weiterhin. Gründe:
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Länder wie die Emirate oder Mauritius sind nicht im vollen Umfang an internationale Austauschsysteme angeschlossen.
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Komplexe Firmenstrukturen und Treuhandmodelle ermöglichen weiterhin Anonymisierung wirtschaftlich Berechtigter.
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Kryptowährungen und digitale Kanäle können Verschleierung zusätzlich begünstigen.
Für deutsche Steuerfahnder bleibt das Thema daher hochrelevant.
Politische Dimension: NRW bleibt Vorreiter im Kampf gegen Steuerhinterziehung
Nordrhein-Westfalen gilt seit Jahren als treibende Kraft beim Ankauf von Steuerdaten. Unter wechselnden Landesregierungen – ob SPD oder CDU – wurde diese Praxis fortgeführt. Die aktuelle Aktion sendet mehrere Signale:
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Steuerhinterziehung bleibt ein Schwerpunkt der Landespolitik.
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Offshore-Konstruktionen stehen weiterhin unter Beobachtung.
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Datensätze gelten als effektives Mittel, um Lücken im internationalen Informationsaustausch zu schließen.
Bund und Länder werden nun eng zusammenarbeiten müssen, um die gewonnenen Daten möglichst effizient auszuwerten.
Was nun passiert
In einem nächsten Schritt wird der Datensatz:
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Forensisch gesichert,
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automatisiert analysiert (mittels spezialisierter Software),
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in einzelne Verdachtsfälle aufgeteilt,
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und an die jeweils zuständigen Finanzämter und Steuerfahndungen weitergeleitet.
Schon in den kommenden Monaten dürften erste Steuerpflichtige Post von den Behörden erhalten – oft beginnend mit Anfragen zur internationalen Steuerpflicht, später möglicherweise mit Durchsuchungsmaßnahmen oder Steuerstrafverfahren.
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