In der aufgeheizten Debatte um soziale Gerechtigkeit und wachsende Vermögensungleichheit bringt die SPD nun einen ebenso kühnen wie brisanten Vorschlag auf den Tisch. Tim Klüssendorf, frisch ernannter Generalsekretär der Sozialdemokraten und finanzpolitisches Nachwuchstalent, fordert nichts Geringeres als eine radikale Reform des Erbschaftsrechts: ein einheitlicher „Erben-Deckel“ für alle Bürgerinnen und Bürger.
Der Kern der Idee: ein sogenannter Lebensfreibetrag. Jeder Mensch soll im Laufe seines Lebens eine bestimmte Summe erben oder geschenkt bekommen dürfen – steuerfrei. Wird dieser Freibetrag überschritten, greift automatisch die volle Besteuerung. Eine Gleichbehandlung aller, unabhängig davon, in welcher Familie man geboren wurde oder welche Strategien zur Steuervermeidung zur Verfügung stehen.
„Wir brauchen endlich ein gerechtes System, das die Privilegien der Superreichen begrenzt und normale Erbschaften schützt“, erklärte Klüssendorf gegenüber dem Tagesspiegel. Aktuell sei es möglich, durch clevere Gestaltung legal enorme Vermögen steuerfrei zu übertragen – vor allem durch wiederholte Schenkungen im Abstand von zehn Jahren. „Das ist ungerecht. Die Mittelschicht zahlt ihre Steuern, während Milliardenerbschaften am Fiskus vorbeigeleitet werden.“
Besonders im Fokus: Unternehmensvermögen und große Immobilienbestände. Heute profitieren gerade diese von weitreichenden Ausnahmen, etwa beim Vererben von Mietshäusern oder Betriebsvermögen. Klüssendorfs Vorschlag sieht vor, auch hier anzusetzen. Wer als Erbe großer Mietobjekte zum Beispiel nur ortsübliche Mieten verlangt und auf übermäßige Mietsteigerungen verzichtet, könnte steuerliche Vorteile erhalten. Umgekehrt soll spekulatives Vererben und Renditejagd durch höhere Besteuerung erschwert werden.
Das Ziel ist ehrgeizig: Mehr als zehn Milliarden Euro an zusätzlichen Einnahmen pro Jahr verspricht sich die SPD von der Reform – Geld, das in Bildung, Infrastruktur oder soziale Sicherungssysteme fließen könnte. Doch Klüssendorf stellt klar: „Es geht nicht darum, kleine Erbschaften zu belasten. Es geht um Gerechtigkeit – um das Ende des Steuerschlupflochs für Milliardäre.“
Auch von ungewohnter Seite kommt Zustimmung: Unionsfraktionschef Jens Spahn (CDU), sonst ein Verfechter marktwirtschaftlicher Lösungen, kritisierte jüngst die extreme Vermögenskonzentration in Deutschland und signalisierte Gesprächsbereitschaft. Es scheint, als bahne sich in der deutschen Steuerpolitik ein Paradigmenwechsel an.
Ob der Vorschlag politisch durchsetzbar ist, bleibt abzuwarten. Doch eines ist sicher: Die Debatte ist eröffnet – und sie trifft einen Nerv.
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