Nach der spektakulären Flucht von zehn Häftlingen aus dem Orleans Parish Prison am 16. Mai wächst die Kritik an den Sicherheits- und Ermittlungsbehörden. Fünf der Geflüchteten befinden sich weiterhin auf der Flucht. Die mutmaßliche Hilfe von innen und eine zögerliche Spurensicherung sorgen für politischen und öffentlichen Druck – auch auf Sheriff Susan Hutson, die inzwischen ihre Wiederwahlkampagne ausgesetzt hat.
Besonders besorgt zeigt sich Orleans Parish District Attorney Jason Williams, der als Staatsanwalt zwei der nun entflohenen Gefangenen persönlich angeklagt hatte. Einer von ihnen ist Derrick Groves (27), verurteilt wegen zweifachen Mordes und zweifachen versuchten Mordes – ein besonders gefährlicher Fall. Zwei von Williams’ Mitarbeitenden sahen sich wegen Sicherheitsbedenken gezwungen, den Bundesstaat zu verlassen.
„Sie sind jung, sie haben Familien. Sie sollten nicht in dieser Situation sein“, sagte Williams gegenüber Medien.
Spurensicherung verzögert – „Ein möglicher Insider-Job“
Williams kritisierte, dass die Spurensicherung nicht unmittelbar nach dem Ausbruch durch das New Orleans Police Department beauftragt wurde. Fingerabdrücke, DNA und andere forensische Spuren an der Ausbruchsstelle seien möglicherweise nicht gesichert worden. Sein Büro habe nun die Sicherung aller digitalen und physischen Beweismittel angeordnet – einschließlich Kameraaufnahmen, E-Mails und Nachrichten des Gefängnispersonals.
„Ich bin zutiefst besorgt über das Fehlen einer sofortigen kriminaltechnischen Sicherung“, sagte Williams.
Bereits ein Mitarbeiter des Gefängnisses wurde verhaftet, ebenso wie zwei Frauen, die die Flüchtigen mutmaßlich mit Essen oder Transportmitteln versorgten. Laut Ermittlungen gelang die Flucht, nachdem Häftlinge eine Toilette herausgerissen, durch ein Loch in der Wand gekrochen, eine Uniform abgelegt und über eine Mauer hinweg geflohen waren. Danach hinterließen sie eine spöttische Botschaft an der Wand:
„To easy. LOL.“
Gefahr für Justiz und Zeugen
Die spektakuläre Flucht bereitet nicht nur Sicherheitsbehörden Sorgen. Williams befürchtet, dass Zeugen und Geschworene in künftigen Verfahren abgeschreckt werden. Besonders in einem kleinen Justizsystem wie dem von New Orleans könnten sich potenzielle Zeugen gefährdet fühlen.
Zudem haben sich bereits Opfer und Zeugen der betroffenen Fälle gemeldet – einige baten um Umsiedlung aus Sicherheitsgründen.
Sheriff übernimmt Verantwortung – Ermittlungen laufen
Sheriff Susan Hutson übernahm die Verantwortung für die Sicherheitslücke und kündigte interne Maßnahmen sowie volle Kooperation mit dem Justizministerium von Louisiana an. Die Ermittlungen konzentrieren sich auf mögliche organisierte Hilfe von innen.
Der Anwalt des verhafteten Gefängnismitarbeiters erklärte indes, sein Mandant sei lediglich einer Aufforderung nachgekommen, eine Toilette zu reparieren. Die angebliche Morddrohung durch einen Häftling sei „Gefängnisjargon“ gewesen und habe nichts mit einem Fluchthelferauftrag zu tun.
Fazit:
Die Flucht aus dem Orleans Parish Prison hat weitreichende Konsequenzen für die Sicherheit, Glaubwürdigkeit und das Vertrauen in die Strafverfolgung in New Orleans. Während die Jagd nach den fünf flüchtigen Straftätern weitergeht, richtet sich der Blick auch auf mögliche strukturelle Schwächen in der Gefängnisaufsicht – und auf die Frage, wie eine solche Flucht überhaupt möglich war.
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